Agrarstrukturgesetz: Deshalb kritisieren Verbände den Thüringer Vorstoß
Das Thüringer Agrar- und Forstflächenstrukturgesetz, dem die Landesregierung zugestimmt hat, stößt auf herbe Kritik bei landwirtschaftlichen Verbänden. Eine Professorin sieht in einem Gutachten verfassungsrechtliche Fehler in dem Gesetz.
- Thüringer Landesregierung stimmte Entwurf des Thüringer Agrar- und Forstflächenstrukturgesetzes zu
- Verbände geben verfassungsrechtliches Gutachten in Auftrag
- Genossenschaftsverband: Bedenken der Landwirte kaum berücksichtigt
Die Thüringer Landesregierung stimmte Ende November dem Entwurf des Thüringer Agrar- und Forstflächenstrukturgesetzes (AFSG) zu. Ziel ist, landwirtschaftliche Flächen im Besitz heimischer Landwirte zu halten und diese so vom Kostendruck zu entlasten. Denn durch agrarfremde Investoren steigt der Preis für Agrarflächen an.
Die Landesregierung sieht darin „eines der wichtigsten agrarpolitischen Vorhaben. Teilweise haben sich die Preise für Agrarflächen in Thüringen in den vergangenen Jahren verdreifacht. Laut dem Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL) sei es gerade für Junglandwirte immer schwieriger, Grund zu kaufen. Im Gesetzentwurf ist unter anderem vorgesehen, dass Kauf- und Pachtverträge am landwirtschaftlichen Bodenmarkt ab einem Hektar angezeigt beziehungsweise genehmigt werden müssen. Bei Zuwiderhandlung können Geldbußen verhängt werden.
Verbände geben verfassungsrechtliches Gutachten in Auftrag
Landwirtschaftlichen Verbänden ist die Ausgestaltung des Gesetzes allerdings nicht genug – sie sehen weiterhin Möglichkeiten für Investoren durch die Hintertür. Der Thüringer Bauernverband (TBV) hat zusammen mit dem Genossenschaftsverband und dem Verband der Familienbetriebe Land und Forst Sachsen und Thüringen die Verfassungsrechtlerin Prof. Dr. Anna Leisner-Egensperger mit einem Gutachten beauftragt. Diese stellte laut TBV mehrere verfassungswidrige Punkte fest.
- Die Definition des Begriffs „Landwirt“ unter Bezugnahme auf eine EU-Verordnung zur Bestimmung des Begriffs „landwirtschaftlicher Betrieb“.
- Die grundsätzliche Anhebung der Genehmigungsgrenze auf 1 Hektar.
- Die Regelung zu genehmigungsfreien Geschäften zugunsten von Gemeinden und Gemeindeverbänden, wenn lediglich ein Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplanes vorliegt.
- Die unklare und nicht transparente Verordnungsermächtigung, einschließlich der fehlenden Klarheit bezüglich der Bedingungen und des möglichen Inhalts von Rechtsverordnungen.
Darüber hinaus vermisst der Bauernverband im Gesetz Regelungen zur Flächenversiegelung.
Genossenschaftsverband: Bedenken der Landwirte in Thüringen kaum berücksichtigt
Genossenschaftsverband-Vorstandsmitglied Marco Schulz kritisiert den Ablauf des Prozederes: „Wir sind verwundert, dass die Landesregierung einen Gesetzentwurf an den Landtag gegeben hat, der die Bedenken der Landwirtschaft kaum berücksichtigt. Kritikpunkte aus dem gemeinsam vorgelegten Rechtsgutachten werden weitestgehend ignoriert.“ Für den Verband sei es nicht nachvollziehbar, warum es keinen weiteren Dialog mit den Landwirten zu diesen Punkten gegeben hat, bevor sich jetzt der Landtag mit dem Gesetzesvorhaben beschäftigt, so Schulz.
Die Inhalte des Gutachtens und alle Bedenken der Verbände finden Sie auf der Internetseite des Genossenschaftsverbandes.
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