Zweifel an Gentechnik-Selbstentscheidung
Diese Woche hat sich die Bundesregierung für die Möglichkeit von Anbauverboten für gentechnisch veränderte Pflanzen in Deutschland entschieden. Damit stimmte man in Brüssel dem Vorschlag der griechischen Ratspräsidentschaft zu, wonach künftig jeder Mitgliedsstaat entscheiden kann, ob er den Anbau auf seinen Äckern zulässt oder nicht.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) äußerte schon im Vorfeld Bedenken über die Standhaftigkeit dieser Entscheidung: „Dass die Bundesregierung über das Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedsstaaten über den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen nachdenken muss und Bundeskanzlerin Merkel anerkennt, dass eine politische ,Mehrheit für die Gentechnik in weiter Ferne ist’, ist ein Erfolg der gentechnikkritischen Bewegung.“
Allerdings hat die Arbeitsgemeinschaft Bedenken, dass die sogenannte ‘Opt-Out-Lösung’, der zufolge eben Staaten selbst entscheiden können, genug rechtliche Substanz hat, damit Konzerne keine Umwege finden. Um einen Gentechnik-Anbau durch die Hintertür zu verhindern, hätte sich die Bundesregierung für rechtssichere und jederzeit erteilbare Gentechnik-Anbauverbote ohne Vetorecht der Konzerne einsetzen müssen, heißt es weiter vom AbL.
Der AbL-Bundesvorsitzende Bernd Voß warnte bereits vor der Abstimmung vor einer Zustimmung Deutschlands zum sogenannten ‘griechischen Vorschlag’: Was nach Souveränität und Autonomie der Mitgliedsstaaten aussehe, könne die Hintertür für die Gentechnik-Konzerne weit öffnen. Zwar können die Mitgliedsstaaten zu zwei verschiedenen Zeitpunkten den Anbau verbieten, während des Zulassungsverfahrens und nach erteilter europaweiter Anbauzulassung, beide Möglichkeiten sieht die AbL aber kritisch.
Die Zulassungsphase könnte aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft Schlupflöcher bieten, weil hier den Konzernen ein unzulässiges und undemokratisches Vetorecht eingeräumt wird. Zwar könne ein Mitgliedsstaat gegenüber der Kommission einen Antrag auf ein Anbauverbot stellen, die Konzerne können dies aber ablehnen – einfach so, ohne Angabe von Gründen. Damit würden die Konzernrechte über die Selbstbestimmungsrechte der Mitgliedsstaaten gestellt. Bei der zweiten Verbotsmöglichkeit sieht man das Problem, dass nur Mitgliedsstaaten, die in der Zulassungsphase versucht haben, ein Verbot zu erreichen, erst nach der Zulassung dieses aussprechen dürften, und das auch nur bei „neuen und objektiven Gründen“.
Die auf Gesundheit und Umwelt ausgelegte Risikobewertung entspreche auch nicht dem Willen von Union und SPD, die sich vorige Woche noch dafür ausgesprochen hatten, dass es jederzeit möglich sein müsse, ohne Angabe von Gründen Anbauverbote zu verhängen. Davon sei die Entscheidung für den Vorschlag weit entfernt, ist die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft von der Bundesregierung enttäuscht.