Zusatzeinkommen durch Ackervermietung
Groß- wie Kleinbauern stehen häufig vor den selben Problemen: Was mache ich mit einer Ackerfläche, die ich im Moment nicht selbst nutzen kann? Und wie bekomme ich mehr Kunden für die Produkte meines Hofes?
Auf den ersten Blick scheinen Brachflächen und Direktvermarktung nicht viel miteinander zu tun zu haben. Eine interessante Lösung für beide Fragen auf einmal möchten wir hier zur Diskussion stellen.
Selbsternte auf Parzellen
Das Zauberwort heißt Ackerparzellierung. Die Idee ist simpel: Eine ungenutzte Ackerfläche wird saatbereit gemacht, in kleine Parzellen aufgeteilt und für ein Jahr an private Gemüsegärtner verpachtet. Diese haben freien Zugang zu ihrer Parzelle, pflegen ihren Garten und ernten ihr eigenes Gemüse. Natürlich eignet sich das eher für kleine landwirtschaftliche Betriebe in der Nähe einer Großstadt. Aber auch Genossenschaften oder Großbetriebe könnten darüber nachdenken, kleine Bereiche ihrer Fläche für Schulgärten oder ähnliche Projekte freizugeben.
Potenzielle Kunden für solche Programme gibt es viele. In urbanen Bereichen leben etliche junge Familien, die die Natur vermissen und mit ihren Kindern liebend gerne mehr Zeit im Freien verbringen würden. Ein eigener Garten ist ideal, um dem Nachwuchs beizubringen, dass Radieschen nicht im Supermarkt wachsen.
Gerade in höheren Einkommens- und Bildungsschichten steht dem Wunsch nach einem eigenen Gemüsegarten aber oft im Weg, dass man sich nicht in die als spießig verschrieenen Schrebergärten traut. Eine Ackerparzelle ist da die ideale Lösung.
Glückliche, neue Kunden
Für den Landwirt kann so ein Arrangement zahlreiche Vorteile erbringen. Abgesehen davon, dass sonst brachliegende Fläche verpachtet wird, bringt man eine hohe Anzahl an neuen potenziellen Kunden auf den eigenen Hof. Gemüse und andere Lebensmittel, die nicht in der Parzelle eines Hobby-Gärtners wachsen, können gleich auf dem Hof der Verpächters gekauft werden. Das bedeutet eine direkte Ertragssteigerung.
Schafft man es dazu noch, die Presse für sein Gartenprojekt zu begeistern, ist einem öffentliche Aufmerksamkeit sicher. Damit ist die Ackerparzellierung unter Marketingaspekten durchaus auch für Großbetriebe interessant.
Wer noch einen Schritt weitergehen möchte, kann dazu Workshops zum erfolgreichen Gärtnern oder Kochkurse anbieten. In jedem Fall zeigt ein eigener Garten dem Kunden, wie gut erntefrisches Gemüse schmecken kann und bringt die Menschen der Landwirtschaft wieder näher – ein fantastisches Instrument zur Kundenbindung.
Wenig Werbung nötig
Wie erfolgreich dieses Modell sein kann, zeigt das Beispiel der Familie Ivanov, die bei Köln ein solches Programm unter dem Namen Gartenglück betreibt (Hier noch ein weiteres Beispiel). Im Frühjahr 2005 legten die Ivanovs die erste Selbsterntefläche an, schon im ersten Jahr waren alle Parzellen verpachtet – und das ohne Ausgaben für Werbung. Ein Artikel im Kölner Stadtanzeiger reichte aus, um ihre Kapazitäten zu erschöpfen. „Die Menschen wollen einfach erleben wie es ist, mit den eigenen Händen im Boden zu graben“, erzählt Katrin Ivanov-Below. Neben Familien nutzen auch ältere Personen mit Gartenerfahrung und Studenten, die sich als Gruppe in eine Parzelle rein teilen, das Angebot. Da die Parzellen bereits fertig vorbereitet und eingesät sind, hält sich der Aufwand für die Kunden in Grenzen. Nur einjährige Kulturen werden gepflanzt, im Herbst wird das Feld wieder komplett umgepflügt.
Sicheres Zusatzeinkommen
Finanziell kann sich das für beide Seiten lohnen. Die Hobby-Gärtner ernten Gemüse im Wert von bis zu 500 Euro pro Jahr. Und der Landwirt bekommt ein relativ sicheres extra Einkommen. Hinzu kommt, dass der Kunde, wenn er einmal Kontakt zum Betrieb hat, gerne auch andere Erzeugnisse bei seinem Verpächter einkauft. Wer es schafft, den Kunden über Hoffeste und ähnliche Veranstaltungen zu begeistern, wird seine Erträge aus Direktvermarktung noch weiter steigern können.
Aber natürlich darf man das Potenzial der Selbsternte auch nicht übertreiben. Sobald die Preise für Lebensmittel wieder steigen, folglich der Ertrag pro Hektar steigt, sieht die Rechnung für den Agrarbetrieb schon ganz anders aus. Doch wer es geschickt aufzieht und das Folgegeschäft zu nutzen weiß, kann neben finanziellen Erfolgen auch einen Imagegewinn verbuchen.
Unsere Frage an Sie: Halten Sie Selbsternte für eine gelungene Innovation, oder eher für eine aufwändige Idee ohne echten Zusatznutzen? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare.