Würze und Gesundheit vom deutschen Feld
Wenn das Essen richtig schmecken soll, wenn der Magen drückt oder wenn das Badewasser richtig duften soll, dann kommen sie zum Einsatz: Kräuter. Die wachsen auf deutschen Feldern, zum Beispiel im bayrischen Land. Ein Kräuterbauer muss dazu vor allem flexibel sein – und hart im Nehmen.
20 Heilkräutersorten gleichzeitig wachsen verteilt auf 35 Hektar auf den Feldern von Heinrich Böhm im bayrischen Schwebheim. Die Vielzahl von Kräutern lässt sich gut anbauen, weil sich in der Region verschiedenste Bodensorten finden: Sandboden, sandiger Lehm, Schluff und Tonboden zum Beispiel. In den Böden fließt viel Wasser, denn Kräuter wie Pfefferminze und Melisse mögen es feucht, sonst trocknen sie allzu schnell aus. Die guten Bedingungen für Kräuterbauern haben die Gemeinde Schwebheim bei Schweinfurt schon vor langer Zeit zu einem Kräuterdorf werden lassen.
Trotz der günstigen Voraussetzungen und der Tradition: Der Kräuteranbau ist kein Zuckerschlecken. „Es ist hart, sehr hart“, sagt der 59-jährige Heinrich Böhm, „Rentner werd ich nie. Es gibt erst seit 4 bis 5 Jahren eine Förderung für uns. Wir sind immer abhängig vom Weltmarktpreis. Wenn der sinkt, dann sinken unsere Erträge mit.“ Auch langfristige Verträge mit den verarbeitenden Betrieben nützen nicht viel, denn auch diese stehen unter dem Druck des Weltmarkts und müssen niedrigere Preise letztendlich auch weitergeben, um nicht einzugehen.
Die größte Konkurrenz für Böhm und seine Kollegen im „Erzeugerring für Heil- und Gewürzpflanzen in Bayern“ kommt aus Osteuropa. 95 Prozent der deutschen Heilkräuter kommen von dort und wandern in Tees, Tinkturen oder ätherische Öle. Der Markt für Heilkräuter ist dabei noch empfindlicher als der für Gewürzkräuter. Böhm rettet sich vor allem durch Flexibilität. 10 Kräutersorten hat er zusätzlich zu den 20 angebauten in petto, um kurzfristig auf eine veränderte Nachfrage reagieren zu können. Spezielle Sorten sind ebenfalls gut fürs Geschäft. Die Artischocke etwa, denn die gedeiht bei der Konkurrenz in Afrika einfach nicht so gut – die deutsche Ware wird verstärkt nachgefragt. Oder der Schafziegerklee: Der geht komplett nach Südtirol, wo er im Gegensatz zu Deutschland ein beliebtes Gewürz darstellt.
Beim Wirtschaften setzt Böhm auch auf Improvisation, etwa beim Maschinenpark: „Wir brauchen spezielle Maschinen zum Ernten, Schneiden und Trocknen der Kräuter. Dazu nutzen wir teils Technik aus anderen Bereichen, etwa dem Hopfenanbau; zum Ernten der Blattkräuter haben wir einen herkömlichen Mähdrescher umgebaut“, berichtet Böhm. Sogar DDR-Technik kommt noch zum Einsatz. Die alten LPG-Häcksler häckseln noch so grob, wie Böhm es für die Kräuter braucht und laufen schließlich noch gut.
Trotz eines oft schwierigen Marktes gibt es durchaus Nachwuchs in der Kräuterbranche. Nicht nur in der Tradition des Kräuterdorfes Schwebheim. „Sondern manchmal sei das auch abhängig von der übrigen Landwirtschaft“, so Böhm. Sind die Getreidepreise schlecht, steigt schon mal ein Getreidebauer auf Kräuter um.
Böhm selbst hat noch einen Hofladen, die Kräuterstube. Direktmarketing über das Internet lohnt sich für ihn nicht, sagt er. Viele Kunden seien schon über 60 und damit nicht so internetaffin. Die Jüngeren, die kaufen die Produkte von Heinrich Böhm und all den anderen Kräuterbauern in der Apotheke, in der Drogerie oder im Supermarkt.