Wissenschaftler halten Greening für Humbug
Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) warnen vor den Auswirkungen der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) auf die Artenvielfalt. Die GAP werde den Schutz der biologischen Vielfalt nicht verbessern sondern sogar weiter verschlechtern, so die Forscher.
In der internationalen, vom UFZ geleiteten, Studie, die in der Juni-Ausgabe des renommierten Wissenschaftsmagazins „Science“ erschien, wurden die Änderungen in der neuen Gesetzgebung analysiert sowie mit Daten des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) verglichen, um herauszufinden, was die reformierte Agrarpolitk tatsächlich bewirken wird.
Die Forscher bezweifeln, dass das im Rahmen der GAP angestrebte Greening, mit dem unter anderem intensiver Vogel- und Wasserschutz betrieben werden soll, überhaupt im gewünschten Rahmen umgesetzt werden kann. Sie sehen wenig Chancen, Naturschutz und agrarwirtschaftliche Interessen zu vereinen. Schon jetzt sei europaweit der Rückgang von Artenvielfalten, zum Beispiel bei Vögeln, aber gleichzeitig auf der Beschäftigung in der Landwirtschaft zu verzeichnen.
Die Strategie der EU sieht unter anderem vor, die Flächen, die für Biodiversitätsschutzmaßnahmen unter der GAP verwendet werden, zu maximieren. Die Reform der Politik, für die rund 40 Prozent des EU-Haushalts eingeplant sei, sollte daher neben der Lebensmittelsicherheit und der Förderung ländlicher Gebiete auch den Klima- und Umweltschutz unterstützen. „Die aktuelle GAP-Reform hat jedoch das ursprüngliche Ziel, 10 Prozent der Agrarfläche für den Erhalt der Artenvielfalt und von Ökosystemdienstleistungen vorzuhalten, weiter reduziert und viele Ausnahmeregelungen geschaffen, die zu einem weiteren Verlust wertvoller Kulturlandschaften führen werden. Dieser Verlust und die zunehmende Intensivierung machen Agrarlandschaften für viele Arten lebensfeindlich“, stellt Prof. Klaus Henle vom UFZ fest.
Ziel verfehlt
Die neue Reform der GAP habe wenig Chancen, die Trends aufzuhalten und wird somit das Ziel einer „grüneren Landwirtschaft“ verfehlen, wie die Autoren anhand europaweiter Statistiken aufzeigen. Ursache dafür seien die vielen Ausnahmeregeln. Zum Beispiel unterlägen Betriebe mit einer Fläche unter 10 Hektar keinen Regelungen, die vorschreiben, wieviele Fruchtfolgen angebaut werden dürfen. Damit könnten rund 80 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe frei entscheiden.
Ähnlich abgeschwächt seien die GAP-Ziele für den Erhalt von Dauergrünland, die eine weitere Reduktion um 5 Prozent der derzeit vorhandenen Grünlandfläche zulassen würden. Die ökologischen Vorrangflächen müssten demnach nur noch für etwa die Hälfte der vorhandenen Agrarflächen bereitgestellt werden. „Die EU kommuniziert das „Greening“ der GAP bereits als große Errungenschaft. Doch nur wenn alle Mitgliedsstaaten Umsetzungsstrategien entwickeln, die erheblich über die verbindlichen Verpflichtungen hinausgehen, kann ein Greening erreicht werden“, sagt der Leitautor der Studie, Dr. Guy Pe’er.
Die Wissenschaftler empfehlen aufgrund ihrer Erkenntnisse den EU-Mitgliedsstaaten unter anderem die Unterstützung von kleinen, nachhaltig wirtschaftenden Betrieben aus dem Budget der sogenannten zweiten GAP-Säule, die zur Förderung ländlicher Räume und für Agrarumweltmaßnahmen gedacht ist. Außerdem schlagen die Forscher vor, auf den ökologischen Vorrangflächen nur noch Kulturen und Bewirtschaftungsmethoden zu fördern, die nachweislich positive Effekte auf die Artenvielfalt haben. Ebenfalls wichtig sei, den Umbruch von Dauergrünland zu verhindern.