“Wir müssen sehen, dass die Nachfrage nachhaltig bleibt”
Mit großer Medienaufmerksamkeit (auch in Blogs, wie hier und hier) ging vor einer Woche die „Faire Milch“ in Süddeutschland in den Verkauf. Der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) initiierte die Aktion, bei der H-Milch in zwei Fettstufen in der Erzeugerregion verkauft wird – zu einem höheren Preis, von dem die Landwirte direkt profitieren. gruuna sprach mit Thorsten Sehm, Geschäftsführer des BDM und fragte nach einer ersten Bilanz.
Wie ist die „Faire Milch“ aus Ihrer Sicht bis jetzt angenommen worden?
Sehr gut. Wir sind ausverkauft, es gibt nur noch Reste zum Abverkauf in den Läden. Obwohl wir mehr produziert haben, als uns die beiden Verkaufsketten tegut und Rewe geraten haben. Die sind von dem Käuferansturm auch überrascht worden.
Wie wählen Sie die Milchviehhalter aus, die für sie liefern dürfen? Viele sind doch vermutlich über Kontrakte langfristig an Molkereien gebunden.
Wir haben eine eigene Milchvermarktung, die Milchvermarktungs Gmbh Süddeutschland. Diese Lieferanten haben sich natürlich als erste verpflichtet und machen unser Programm mit. Die „Faire Milch“ ist an gewisse Auflagen. Das heißt, der Landwirt verpflichtet sich, gentechnikfrei zu füttern. Er hat mindestens 60 Prozent Grasanteil in der Ration. Er betreut ein Umweltprojekt und der erste Schnittzeitpunkt der Wiesen ist nach hinten verlegt.
Ist es denn schwierig, unter diesen Vorraussetzungen genug geeignete Milchbauern zu finden?
Wir kriegen jetzt immer mehr. Es sind natürlich auch freie Liefergruppen da. Die können zum Ende des Milchwirtschaftsjahrs zu uns wechseln. Aber das ganze Projekt ist so aufgebaut, dass in einer Region produziert wird, wo auch verkauft wird. Deshalb können wir im Moment für die Vermarktung der „Fairen Milch“ keine Landwirte aus anderen Regionen aufnehmen, wenn wir dort noch keine Abnehmer haben.
Viele Landwirte klagen, dass die Kunden nicht bereit sind, für Milch mehr zu bezahlen. Wieso funktioniert es hier, sie zu überzeugen?
Das klappt nur dann, wenn ein gewisses Programm dahinter steht. Wenn man sagen kann, wo das Geld genau hingeht. Auf unserer Homepage steht sogar die Telefonnummer der Bauern, da können die Käufer anrufen und fragen, ob sie die Produktion nachvollziehen können. Ich kann nicht wie Lidl daherkommen und sagen: „Ein Stück aus der Region“ und dann geht nichts an die Bauern.
Sie sagten, dass auch die Händler vom Interesse der Kunden überrascht wurden. Warum gibt es dann noch keine deutschlandweite Verbreitung?
Die Ketten wollen erst den Testmarkt für acht Wochen beobachten. Wir müssen sehen, dass die Nachfrage nachhaltig bleibt. Es nutzt nichts, wenn die Nachfrage nach dem großen Start wieder weg ist.
Ist denn von Ihrer Seite aus die deutschlandweite Verbreitung überhaupt möglich? Sie haben im Moment nur eine Molkerei, die die faire Milch verarbeitet.
Es gibt natürlich Befindlichkeiten von Molkereien, das ist ganz klar. Es war ja auch nicht möglich, eine bayerische Molkerei zu finden, die uns die H-Milch herstellt, da mussten wir ins benachbarte Hessen gehen. Da wir im Moment ausverkauft sind, sind wir jetzt darauf angewiesen, dass die Molkerei wieder für uns Zeit hat. Deshalb kommt erst Ende nächster Woche die nächste Lieferung. Die Molkereien sind insgesamt im Moment noch sehr skeptisch – aber ich sage mir: Da der Start so gut war, und wenn das Interesse nachhaltig ist, kommen die schon auf uns zu.
Was bieten Sie denn den Molkereien als Argument, warum sie mit Ihnen zusammenarbeiten sollten?
Die Molkerei hat so eine höhere Auslastung für ihre H-Milch-Schiene. Natürlich muss sie zertifiziert sein, dass sie nach gewissen Blocks handeln kann: Unsere Milch muss in einen extra Tank und es muss sicher sein, dass auch nur die Milch dort rein kommt.
Thorsten Sehm ist Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM). Der Verband vertritt nach eigenen Angaben rund ein Drittel der 100.000 deutschen Milchviehhalter. Die »Faire Milch« wurde offiziell am 20. Januar vorgestellt und ist seit dem in Süddeutschland erhältlich.