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Staatliches Tierwohllabel deutlich über gesetzlichen Vorgaben

Die Kriterien bewegen sich weit über den gesetzlichen Vorgaben, dem Tierschutzbund aber nicht weit genug.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat vergangene Woche Details zum staatlichen Tierwohllabel vorgestellt. Dieses umfasst einen zweistufigen Aufbau, eine Eingangsstufe und eine Premiumstufe. Das teilt die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) mit.

Für die Eingangsstufe des Labels nennt das Ministerium zwölf Vorgaben, die deutlich über die gesetzlichen Standards und die Kriterien der Initiative Tierwohl (ITW) hinausgehen sollen. Im Vordergrund steht dabei das Platzangebot in den verschiedenen Gewichtsklassen der Tiere. So sollen zum Beispiel Mastschweine ab 60 Kilogramm in der Eingangsstufe 15 bis 33 Prozent und in der Premiumstufe 70 bis 100 Prozent mehr Platzangebot bekommen – inklusive Auslauffläche.

Im Deckzentrum dürfen die Sauen maximal vier Tage im Kastenstand gehalten werden und zusätzlich ist in der Premiumstufe die freie Abferkelung umzusetzen. Außerdem gibt es strengere Vorgaben für die Buchtenstruktur und das Schwanzkupieren. Darauf sollen Labelbetriebe nämlich ganz verzichten. Zusätzlich ist eine obligatorische jährliche Fortbildung der Tierhalter vorgesehen.

Mehreinnahmen sollen Mehrkosten kompensieren

Neben der öffentlichen Unterstützung setzt Schmidt auf höhere Markterlöse der teilnehmenden Betriebe. Er beziffert die Mehrkosten für die Erzeuger auf rund 20 Prozent. Sie müssten über eine Kombination aus höheren Markterlösen und öffentlicher Unterstützung kompensiert werden. Damit das Label auch in der Breite bekannt wird, plant der Minister rund 70 Millionen Euro für Werbung ein.

Zertifizierung der Betriebe ab 2018

In den kommenden Wochen will das Agrarressort einen Gesetzentwurf mit den wesentlichen Eckpunkten zur begleitenden Einführung des Tierwohllabels vorlegen. Die Details sollen in einer anschließenden Verordnung geregelt werden. Die ersten Betriebe sollen bei einem optimalen Verlauf im Laufe des Jahres 2018 zertifiziert werden können.

Eine Verabschiedung des Gesetzes vor der Bundestagswahl ist laut Schmidt eher unwahrscheinlich. Es sei jedoch sein Ziel, den Prozess unumkehrbar zu machen. Das Label werde dazu beitragen, Deutschland zum Trendsetter beim Tierwohl zu machen und einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Tierhaltung im Lande leisten, so der Bundesminister.

Deutscher Tierschutzbund steigt aus

Der Deutsche Tierschutzbund hat unterdessen angekündigt, das staatliche Tierwohllabel nicht weiter unterstützen zu wollen. Verbandspräsident Thomas Schröder kritisierte gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung, die Kriterien des Labels blieben zu nah am gesetzlichen Standard. So schaffe man keinen nachhaltigen Tierschutz im Stall, argumentierte Schröder.

ISN kritisiert Schmidts Berechnungen

Die ISN ist nicht von Christian Schmidts Berechnungen überzeugt. Ob die Mehrkosten von 20 Prozent beim Erzeuger wirklich ausreichten sei mehr als fraglich, so die Interessengemeinschaft. Außerdem seien auf diese Mehrkosten noch die Kosten der nachfolgenden Stufen, zum Beispiel für eine aufwändigere Logistik, zu addieren. Die ISN sieht schon bei der Eingangstufe eine Verteuerung für die Verbraucher von 40 bis 50 Prozent. Können nur Teile des Schweines mit den Mehrkosten belastet werden, müsse der Preis für diese Teilstücke um den entsprechenden Faktor steigen. Trotz großzügigem Werbebudget sei es auch eine Herausforderung, das Label am Markt zu etablieren.

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