Schweine Mobil: „Der Dialog ist der Schlüssel zum Verbraucher“
Seit Anfang 2013 ist das Schweine Mobil im Bundesgebiet unterwegs, um die Schweinehaltung den Verbrauchern näher zu bringen. Den mobilen Stall kann sich jeder landwirtschaftliche Betrieb, aber auch zum Beispiel Genossenschaften, ausleihen. Bereits über eine Million Menschen wurden damit erreicht. Wir sprachen mit Monika Larch, bei der Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft (FNL) zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, über die ersten zwei Jahre und die Zukunft, mit den Konsumenten auf diese Art und Weise zu kommunizieren.
Interview: Michi Jo Standl
gruuna.com: Ein „Schweine Mobil“ zu den Verbrauchern zu schicken ist ein ungewöhnlicher Schritt. Wer hatte die Idee dazu?
Monika Larch: Auf die Idee kam Kathrin Seeger, die gemeinsam mit ihrem Mann im Odenwald eine Schweinezucht betreibt. Ihr war im Laufe der Zeit aufgefallen, dass in der Öffentlichkeit immer nur Tiere gezeigt werden, die auf Stroh liegen oder stehen. Sie hat mich angerufen und gemeint: „Wir müssen die Schweine so zeigen, wie sie heutzutage untergebracht sind.“ Dann haben wir, also der FNL, das Projekt gemeinsam mit Frau Seeger umgesetzt und noch den ZDS (Zentralverband der deutschen Schweineproduktion, Anm. d. Red.) ins Boot geholt. Der hat dann einen erheblichen Teil der Finanzierung organisiert.
Wie reagieren die Menschen auf die „Vor-Ort-Schweine“?
Das ist ganz verschieden. Zum Schweine Mobil kommen ganz unterschiedliche Menschen. Das kommt immer darauf an, wo der Wagen mit den Tieren platziert ist. Auf der „Internationalen Grünen Woche“ in Berlin etwa haben wir ein sehr breitgefächertes Publikum. Auf der „Land und Genuss“ in Frankfurt am Main tummelt sich ein ganz spezielles Stadtpublikum, das sich für biologische Produktion interessiert. Diese Leute sind natürlich kritischer. Wenn das Mobil direkt auf einem landwirtschaftlichen Betrieb, etwa bei einem „Tag der offenen Tür“, steht, kommen die Leute aus der Umgebung, die sind dann auch eher unkritisch.
Schonmal Probleme mit Tierrechtlern gehabt?
Also in ländlichen Gebieten haben wir mit Mitgliedern von einschlägigen Organisationen oder einzelnen Tierrechtlern eher weniger zu tun. Auf der Grünen Woche gehört das mehr oder weniger dazu. Auffällig ist, dass wir mit Veganern, die keine Ziele von Organisationen verfolgen, sondern einfach keine tierischen Produkte zu sich nehmen, immer eine Diskussionsbasis finden. Schwieriger ist es mit Vegetariern, die sich nicht wirklich mit der Sache befassen, sondern einfach „so ein ungutes Gefühl“ bei der Schweinehaltung haben und sich nicht wirklich zu einem Gespräch öffnen.
Geben Sie Landwirten, die sich das Schweine Mobil ausleihen, eine „Anleitung“ mit, wie sie mit den Verbrauchern kommunizieren sollen?
Vorbereitungen, wie etwa pädagogische Schulungen, würden nichts bringen. Wir wollen den Verbrauchern ja nichts beibringen, sondern in den Dialog treten und ihnen zeigen, wie der Alltag im Schweinestall aussieht – „Komm her, schau es dir an, so funktioniert’s!“. Auswendig gelernte Antworten auf die Fragen der Konsumenten würden unnatürlich wirken, das wäre nicht der Sinn der Sache. Als Unterstützung für den Dialog haben wir an einer Innenwand die „Fünf Freiheiten“ angebracht und gleich dazu erklärt, wo man Sie in dem mobilen Stall findet. Das öffnet das Bewusstsein bei den Verbrauchern, dass Schweine andere Bedürfnisse haben als Menschen.
Ist der Dialog wichtig?
Sehr wichtig. Der Dialog ist der Schlüssel zum Verständnis der Leute überhaupt. Die Landwirtschaft hatte versäumt, die Verbraucher auf den Weg in die moderne Landwirtschaft mitzunehmen. Die Leute haben die Entwicklung nicht mitgemacht. Sie haben noch immer die Bauernhöfe der Großeltern im Kopf, die Realität kennen sie nicht. Beim Dialog geht es nicht darum, eine einseitige Meinung zu bilden, sondern ein gegenseitiges Verständnis zu schaffen.
Wird das Schweine Mobil von Landwirten genutzt?
Ja, sehr. Auf der EuroTier kommende Woche in Hannover stellen wir ja das zweite Schweine Mobil vor. Für beide ist der Terminplan 2015 schon beinahe voll. Da die Wägen nahezu in ganz Deutschland unterwegs sind, ist es für die Landwirte auch mit relativ wenig Aufwand verbunden, einen davon in den eigenen Betrieb zu schaffen, da sie immer von „Mieter“ zu „Mieter“ weitergegeben werden. Die Buchungen und die ganze Koordination läuft über uns. Mit dem Schweine Mobil erleben die Landwirte auch sofort Erfolg, weil die Leute positiv reagieren. Die Verbraucher sagen oft: „Das ist toll, dass ihr euch da hinstellt und unsere Fragen beantwortet und uns Gesprächsbereitschaft zeigt“. Auch die Nutzungsbedingungen sind moderat. Jeder „Leiher“, außer Sponsoren, bezahlt 250 Euro Wartungspauschale. Dazu kommen tausend Euro Kaution, die man natürlich rückerstattet bekommt, wenn man das Mobil unbeschädigt zurück-, beziehungsweise weitergibt.
Ist so etwas ähnliches auch für andere Tiere geplant?
Wir sind dabei, ein Kuhmobil zu entwickeln. Leider ist das mit lebenden Tieren nicht möglich, deshalb müssen wir da einen anderen Ansatz finden. Mit dem Kuhmobil versuchen wir auch ein Erlebnis für die Verbraucher zu schaffen und stellen dabei das Thema „Milcherzeugung“ in den Mittelpunkt.
Frau Larch, vielen Dank für das Gespräch.
Ich habe zu danken.
Alle Informationen zum Schweine Mobil, das übrigens für den Preis „Neuheiten in der Landwirtschaft 2015“ nominiert ist, gibt es auf der Website der FNL.