Rügenwalder erwägt, nur noch fleischlose Produkte herzustellen
Für Rügenwalder-Chef Rauffus hat Wurst „nicht viel Positives“.
Was wie eine Fakemeldung einer Satireseite klingt, ist wahr. Der niedersächsische Wursthersteller Rügenwalder denkt ernsthaft laut darüber nach, komplett auf den Rohstoff Fleisch zu verzichten. Der Geschäftsführer und Inhaber des Traditionsunternehmens, Christian Rauffus, scheint der Wurst überdrüssig zu sein. „Ernährungsphysiologisch ist die Wurst nicht so der Brüller“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (F.A.Z.).
Abgesehen davon, dass eine Wurst unzweifelhaft eine leckere Sache sei, gebe es ja nicht viel Positives, was daran auszuloben sei, fährt Rauffus im Interview mit der Zeitung fort.
Rügenwalder will offenbar in den kommenden Jahren konsequent Fleisch durch vegetarische Zutaten ersetzen. „Ich kann mir vorstellen, dass wir in 20 Jahren ohne Fleisch arbeiten“, so Rauffus. Aber auch einen Anteil von 50:50 hält er für möglich.
„Landwirte sollen mehr Erbsen anbauen“
Kommendes Jahr will Rügenwalder Erbsen als Rohstoff einführen. Daraus werde ein „streichfähiges Produkt“ in die Supermärkte kommen, verriet Rauffus der F.A.Z. Er empfahl im Gespräch mit dem Blatt den Landwirten, mehr Erbsen anzubauen. An Rohstoffen wie Fleisch oder Eiern mangele es nicht im Nordwesten Deutschlands, dem Zentrum der Massentierhaltung, zitiert die F.A.Z. den Unternehmer. Die Eier-Wirtschaft bestehe aus engen und schwer durchschaubaren Firmengeflechten. Die Holdinggesellschaften seien letztendlich in der Hand weniger Familien, gab Rauffus zu bedenken. An Erbsen oder Soja aus der Region hingegen herrsche Mangel. Rügenwalder hat bereits jetzt eine breite Palette an fleischlosen Produkten. „Wir haben uns selbst gewundert, wie gut das funktioniert“, so der Firmenchef.
Kein Verständnis für Rauffus’ Aussagen
Vor allem in den Sozialen Netzwerken zeigen Landwirte wenig Verständnis für den Sinneswandel des Rügenwalder-Chefs. „Wir kaufen konsequent keine Rügenwalder Produkte mehr“, zitierte die F.A.Z. etwa eine Twitter-Meldung der norddeutschen Schweinemästerin Nadine Henke. Der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Udo Hemmerling, erwartet für die Zunkunft eher eine „autolose Autoindustrie“ als „Veggie für alle“, wie er die Zunkunftsvisionen von Rügenwalder kommentierte.
Dass echte Wurst nach wie vor ein wichtiges Segment ist zeigt, dass bei Wurstprodukten kein Rückgang sichtbar ist. Im Gegenteil: Der Gesamtumsatz der zehn größten Unternehmen der Fleischwirtschaft, darunter Rügenwalder, bei Wurstprodukten stieg von 2014 auf 2015 von 18,16 auf 18,3 Milliarden Euro. Der Markt für vegetarische Fleisch- und Wurstalternativen ist mit einem Jahresvolumen von gut 150 Millionen Euro noch relativ unbedeutend.