Recht & SteuerTierhaltung

Pferdesteuer: Schleichend aber doch

Von Michi Jo Standl

Momentan ist es ruhig geworden um das Vorjahresthema Nummer Eins unter Pferdehaltern. Bundesweit kündigten Kommunen die Einführung der Pferdesteuer an. Für private Pferdehalter, Züchter und Landwirte, die sich mit der Haltung der intelligenten Tiere beschäftigen, kann dies schnellmal eine jährliche Zusatzbelastung von 300 Euro pro Pferd bedeuten.

„Umweltverschmutzende Luxusgüter“
In vier deutschen Gemeinden, alle in Hessen, wurde die Idee, die Tiere und Halter als willkommene Goldesel zu nutzen, bereits umgesetzt. In Bad Soden-Allendorf werden 200 Euro pro Jahr und Pferd erhoben und im hessischen Schlangenbad bei Wiesbaden gar 300 Euro, die aber bis Ende Juni ausgesetzt sind. Dann will man neu entscheiden. Allendorf wartet das sogeannte Normkontrollverfahren in Kassel ab. Bei einem solchen Prozedere prüft das Bundesverfassungsgericht, ob die Steuer überhaupt zulässig ist. In Kirchheim werden die 90 Euro Steuer bereits eingezogen. In Weißenborn, ebenfalls Hessen, ist sie ebenfall bereits beschlossene Sache, wird aber noch nicht vollstreckt.

Selbst der ungeübte Beobachter wird sich bei der Betrachtung der Zahlen fragen, wo die so unterschiedlichen Beträge herkommen. „Über die Höhe der einzelnen kommunalen Steuern entscheidet mehr oder weniger der Würfel“, zeigt Thomas Ungruhe von der „Deutschen Reiterlichen Vereinigung“ (FN) wenig Verständnis für die Willkür der Gemeinden. „Die Regionen rund um Wiesbaden beispielsweise stehen von der Kaufkraft her sehr gut da und da wird geholt, was geholt werden kann“, so Ungruhe im Gespräch mit gruuna.com. „Mit fadenscheinigen Argumenten wird die zweifelhafte Steuer gerechtfertigt.“, so der diplomierte Sportlehrer und Leiter der FN-Abteilung für Breitensport, Vereine und Betriebe weiter.

So sind die Gemeindeverantwortlichen der Meinung, Pferde würden Wald und Flur durch die Ausscheidungen verunreinigen. „Das ist kompletter Blödsinn“, sagt Ungruhe. „Pferde sind reine Vegetarier und tragen so zur Düngung bei.“ Auch mit der Meinung, Pferde zu halten sei Luxus, kann der Pferdeexperte nichts anfangen: „Diese Argumente dienen rein der Geldmacherei“. Das zeige, dass sich die „Gemeindeväter“ weder mit Pferden noch mit Pferdehaltung auskennen.

Gemeindeverwaltungen nicht ehrlich
Ungruhe ist auch enttäuscht über das Verhalten so mancher Lokalpolitiker: „Wenn die wenigstens zugeben würden, dass es rein ums Geld geht, dann wäre alles gut und man könnte darüber reden.“ Eine ähnliche Erfahrung machte vergangenes Jahr auch der Obmann des „Reit- und Fahrvereines“ im saarländischen Illingen, Markus Beyer. Die Gemeinde wollte scheinbar bundesweit in eine Art Vorreiterrolle schlüpfen. Er fühlte sich vom Bürgermeister der saarlandischen Gemeinde hingehalten und belogen. Der Politiker ging sogar soweit, einen Tag vor dem Gemeinderatsbeschluss gegenüber dem Reiterobmann zu behaupten, die Pferdesteuer sei kein Thema, sie komme in nächster Zeit sowieso nicht. Beyer machte sich damals in einem Interview mit einem saarländischen Regionalportal Luft. Inzwischen ist auf Druck von Pferdehaltern und Medien in Illingen die Pferdesteuer „auf Eis gelegt“.

Inkassounternehmen Pferdepension
Zu tragen hat die Steuer der Halter, abführen muss sie allerdings der Betrieb, in dem das Tier steht. Pferdepensionen müssen dann die Kommunalsteuer weiter verrechnen. Die Ställe werden auch durch die Gemeinden kontrolliert. Wird ein unangemeldetes Pferd gefunden, ist dies eine Ordnungswidrigkeit und der Halter muss bis zu 5.000 Euro Strafe zahlen. Ob und in welchem Rahmen das umgesetzt wird, ist wieder Willkür der Gemeinde.

Die Gemeinden sehen laut Thomas Ungruhe auch nicht, was die Reitvereine für die Gemeinden alles tun. „In einer Wertschöpfungsanalyse im nordhessischen Baunatal hat die Fachhochschule Salzgitter herausgefunden, dass die Pferde in der Gemeinde monetär, gesellschaftlich und politisch der Kommune etwa 600.000 Euro einbringen.“ Ähnliches weiß auch der Saarländer Beyer: „Wenn wir in Illingen unser jährliches Reitturnier haben, sind Pensionen und die Gastronomie voll, aber das spielt alles für die Gemeinde scheinbar keine Rolle.“ Dass Pferdehalter ohne weiteres in einen Stall in der Nachbargemeinde, wo gegebenenfalls keine derartige Steuer erhoben wird, ausweichen können und sich die Kommune so ins eigene Fleisch schneidet, scheint in die Rathäuser auch noch nicht durchgedrungen zu sein.

Die Steuer gilt nicht für sogenannte Gnadenbrotpferde. Doch wo die Altersgrenze verläuft, ist auch noch nicht geklärt. Die Gemeinden definieren den Begriff schnell. „Pferde, die nurmehr auf das Sterben warten“, wird in den Amtsstuben gemutmaßt. Ungruhe sieht das anders: „Mit Tieren, die zwar wirtschaftlich nicht mehr aktiv zu verwenden sind, kann man aber immer noch schön ausreiten. Die gelten allerdings momentan nicht als Gnadenbrotpferde, da sie ja für den Laien fit erscheinen.“ Und das Problem der Pferdehalter: Über sein oder nicht sein entscheiden in den Amtsstuben nun einmal Laien.

 

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