Nordharz: Insekten werden weniger, nur ein Schädling hält sich hartnäckig
Im Nordharz ging die Insektenpopulation in den vergangenen 24 Jahren dramatisch zurück. Schädlinge wie Blattläuse finden allerdings genug Nahrung.
- Julius-Kühn-Institut beobachtete in einer Langzeitstudie die Insektenpopulation im Nordharz
- Insekten-Biomasse geht zurück
- Blattläuse trotzen Bedingungen, andere Schädlinge gehen auch zurück
- Klimawandel begünstigt Schädlingsdruck
In einer Langzeitstudie hat sich das Julius-Kühn-Institut (JKI) mit dem Insektenbestand im Nordharz beschäftigt. Die Region wird intensiv landwirtschaftlich genutzt. Das Ergebnis: Die Forscher stellten innerhalb von 24 Jahren einen Rückgang von rund 95 Prozent der Biomasse fliegender Insekten fest. Doch nicht alle Arten sind gleichermaßen betroffen: Während manche taxonomische Gruppen ungeachtet natürlicher Populationsschwankungen deutlich zurückgehen, zeigen die Langzeitdaten für den Nordharz eine tendenzielle Zunahme und längere Flugaktivität bei anpassungsfähigen Pflanzenschädlingen wie Blattläusen.
Schädlinge: Blattläuse trotzen den Bedingungen
Strukturarme Agrarlandschaft bietet laut den Wissenschaftlern wenig Schutz und Nahrung für Nützlinge „Der Zusammenhang zwischen dem Gesamtverlust fliegender Insekten und steigender Blattlauspopulationen ist nicht widersprüchlich“, erklärt Entomologe und Erstautor Dr. Tim Ziesche vom JKI. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Blattläuse auf den großen und strukturarmen Landwirtschaftsflächen der Region Nahrung auf dem Silbertablett serviert bekommen, während vielen potenziellen Gegenspielern dort Nahrung und Nistmöglichkeiten fehlen.“ Die Datenauswertung legt nahe, dass Agrarlandschaften mit großen Ackerschlägen und wenig Kleinstrukturen wie Hecken, Randstreifen oder Gehölzen das Verhältnis von Pflanzenschädlingen zu Gegenspielern zugunsten der Schädlinge verschieben.
Klimawandel begünstigt Schädlingsdruck
Seit 1996 ist die Temperatur während der Vegetationsperiode in der verhältnismäßig trockenen Region im Windschatten des Harzes zudem um rund 2 Grad Celsius gestiegen. Der Klimawandel fördert die frühe und schnellere Entwicklung sowie längere Aktivität der Schädlinge. „Das heißt im Umkehrschluss jedoch nicht, dass der Klimawandel Pflanzenschädlinge grundsätzlich begünstigt,“ so Dr. Ziesche. Bei den Blattflöhen und Thripsen etwa sehen die Forscher ebenfalls einen signifikanten Rückgang.
Es sind wärmeliebende beziehungsweise trockenstresstolerante Arten wie Zikaden oder anpassungsfähige Insektengruppen wie die der Blattläuse, die von den steigenden Temperaturen profitieren. “So stellten Blattläuse als Reaktion auf wärmere Umweltbedingungen beispielsweise ihre sexuelle Fortpflanzung und Eiablage auf Winterwirtspflanzen ein, um direkt in Getreide- und Rapsflächen zu überwintern”, erklärt der Wissenschaftler.
Foto: LWK NRW/Andreas Vietmeier