Nahrungsmittelspekulation medial
Im dritten Teil unserer kleinen Serie, die sich mit Nahrungsmittelspekulation beschäftigt, zeigen wir, wie die Medien mit dem heiß diskutierten und heiklen Thema umgehen.
Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel” berichtete bereits 2012 unter Berufung auf die Süddeutsche Zeitung, dass der Verein Oxfam der Allianz Versicherung „gigantische Spekulation mit Nahrungsmitteln” vorwerfe. Nach Recherchen von Oxfarm würde der Versicherer so intensiv wie kein zweites deutsches Unternehmen an Warenterminbörsen mit Nahrungsmitteln handeln. Ausgelagert wäre der Handel an die zum Konzern gehörende Kapitalgesellschaft Pimco, die in fünf Fonds auf steigende Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse setzen würde. Laut der Oxfarm-Studie habe die Allianz 2011 mehr als 6,2 Milliarden Euro in solche Fonds investiert, die Deutsche Bank knapp 4,6 Milliarden Euro. „Menschen in armen Ländern geben bis zu 80 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus”, so Frank Braßel, Leiter der Oxfarm-Kampagne gegenüber dem „Spiegel”. „Die sind den Preissprüngen durch Spekulation mit Nahrungsmitteln schutzlos ausgeliefert”, Braßel weiter.
Das Münchner Nachrichtenmagazin „Focus“ betrachtete das weltweite Problem Ende 2012 von der wissenschaftlichen Seite und berief sich dabei auf eine Untersuchung der Universität Halle-Wittenberg, die in der Studie allerdings einen Gang zurückschaltete und die Kritik an der globalen Nahrungsmittelspekulation für überzogen halte. „Gemäß aktuellem Erkenntnisstand spricht wenig für die Auffassung, dass die Zunahme der Finanzspekulation in den letzten Jahren das Niveau der Preise hat ansteigen lassen“, schrieben laut „Focus“ vier Forscher in einem veröffentlichten Papier. „Statt Barrieren etwa für den Handel mit entsprechenden Nahrungsmittel-Zertifikaten zu fordern, müsse man die Transparenz über die Preisentwicklung erhöhen“, hieße es dort weiter. Die Forscher hätten zwischen 2010 und 2012 35 Arbeiten zum Thema Agrarspekulation analysiert und nach eigenen Angaben in den meisten Fällen keinen Nachweis für einen Zusammenhang zwischen spekulativen Details und stark schwankenden Preisen auf den Weltmärkten für landwirtschaftliche Rohstoffe gefunden. „Insofern ist der zivilgesellschaftliche Alarm als Fehl-Alarm einzustufen”, so das Fazit der Forscher.
Allerdings würden zu den Kritikern der Termin-Deals mittlerweile auch etliche Vertreter der Finanzwirtschaft selbst, wie die Commerzbank, die Landesbank Baden-Württemberg und die Fondsgesellschaft der Sparkassengruppe, Deka, gehören, schwächte „Focus“ den Artikel über die Halle’schen Untersuchungen ab.
Bleibt abzuwarten, wann es Fachleuten gelingt, neutral, ohne finanzwirtschaftlichen Einfluss oder lobbypolitischen Interessen von Umweltverbänden, die Karten auf den Tisch zu legen. Die Verbraucher sind gespannt.