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Minister: “Agrarpaket bringt Fass zum überlaufen”

Landwirtschafts- und Umweltminister Backhaus zeigt Verständnis für Proteste. Sein Ministerium hat in einem Papier klargestellt, worum es beim Agrarpaket geht.

Die Proteste gegen das Agrarpaket der Bundesregierung im Rahmen der Umweltministerkonferenz in Hamburg nahm Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschafts- und Umweltminister Till Backhaus zum Anlass, um vor Ort seine Positionen deutlich zu machen: „Die mit dem Agrarpaket verfolgten Ziele sind wichtig und gut, es ist richtig, mehr für den Insektenschutz und die Biodiversität insgesamt aber auch in der Agrarlandschaft im Besonderen zu erreichen.” Der Minister sieht eine Herausforderung, die unerwünschten Folgen der bisherigen Agrarpolitik, zum Beispiel im Grundwasserschutz und bei der Biodiversität, zu beheben. “Dafür brauchen wir die Landwirtschaft; sie ist Teil der Lösung, denn sie beeinflusst die Qualität von Wasser, Boden und Luft maßgeblich.“

Verständnis für Proteste

Minister Backhaus zeigte Verständnis für die Existenzängste der Landwirte: „Für mich ist das Agrarpaket aber nicht die Ursache für den Protest, sondern der entscheidende Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.” Die Landwirtschaft habe mehrere witterungsbedingt schwierige Wirtschaftsjahre hinter sich, müsse durch die Verschärfung der Düngeverordnung ihre Wirtschaftsweisen anpassen und stehe nicht zuletzt durch die Diskussion um mehr Tierwohl gesellschaftlich in der Kritik. Das zerre an den Nerven.

Backhaus für Gesellschaftsvertrag

„Was wir brauchen, ist ein neuer Gesellschaftsvertrag. Die Darstellung unserer Landwirtschaft in der öffentlichen Debatte hat in unserer Wohlstandsgesellschaft mittlerweile einen gefährlichen Tiefpunkt erreicht. Das muss sich ändern! Was die Branche braucht und verdient, ist Anerkennung und Wertschätzung für die vielen öffentlichen Leistungen, die sie bereits erbringt und für alle das, was noch auf den Weg gebracht werden soll. Das heißt nicht, dass man nicht auch mal kritisieren darf”, so Backhaus.

Ministerium analysiert Agrarpaket

Das Landwirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern hat ein Papier erarbeitet, in dem zu den einzelnen Punkten des Agrarpakets fachlich Stellung genommen wird:

Aktionsprogramm Insektenschutz

Mit dem Aktionsprogramm Insektenschutz will die Bundesregierung den Ursachen des Insektenschwunds entgegenwirken und die Lebensbedingungen für Insekten verbessern. Dazu gehört unter anderem auch die Einschränkung von Pflanzenschutzmitteln in ökologisch besonders schutzbedürftigen Bereichen wie am Gewässerrand und in bestimmten Schutzgebietstypen. Das unmittelbare Verbot der Anwendung in diesen Schutzgebietstypen betrifft nicht alle Mittel, sondern nur solche mit besonderer Relevanz für Insekten, also Herbizide und biodiversitätsschädigende Insektizide. Der Umfang der davon betroffenen Flächen wird deutlich geringer ausfallen, als vom Bauernverband zunächst errechnet. Es ist zudem abzuwarten, über welche Rechtsvorgaben der Bund seine Ziele umsetzen will. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat eine praxistaugliche Umsetzung zugesichert. Positiv ist zudem, dass die Bundesregierung für das Agrarpaket und das Aktionsprogramm Insektenschutz erhebliche zusätzliche Finanzmittel bereitgestellt hat. Damit werden die Chancen für eine ausgewogene Umsetzung erheblich verbessert.

Umschichtung von EU-Mitteln

Für das Jahr 2020 gab es noch keine Entscheidung zu einer Umschichtung von Mitteln. Ohne eine Entscheidung hätte für viele Agrarumweltmaßnahmen die Finanzierungsgrundlage gefehlt. Die moderate Erhöhung der Umschichtung von 4,5 % auf 6 % für das Jahr 2020 ist ein guter Kompromiss und sichert insbesondere bestehende Agrarumweltmaßnahmen.

Tierwohlkennzeichnung

Die Verbesserung des Tierwohls in den Ställen ist ein wichtiges gesellschaftliches Ziel. Dass für die Tierwohlkennzeichnung auch in Deutschland die Grundlagen geschaffen werden, ist überfällig. Angestrebt wird eine verpflichtende Tierwohlkennzeichnung auf europäischer Ebene, insofern kann dies nur der erste Schritt sein.

Umsetzung nur in enger Abstimmung mit Landwirten

Bei allen notwendigen Maßnahmen zur Reduzierung von unerwünschten Umweltwirkungen dürfen diese die aktuelle wirtschaftliche Lage der Landwirtschaftsbetriebe nicht außer Acht lassen. Die Anwendung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln aber auch die Nutztierhaltung dürfen dabei nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden.

Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen sind notwendig und bedürfen einer Folgenabschätzung. Rechtsänderungen werden in den rechtsstaatlichen Verfahren unter Einbindung der Verbände und Betroffenen erlassen.

Effektiver und schneller in der Wirkung können dagegen gemeinsam mit den Landwirten entwickelte Fördermaßnahmen zum Erreichen der gewünschten Ziele sein. Landwirte sollen nach dem Motto „öffentliches Geld für öffentliche Güter“ animiert werden, durch die Erfüllung gesellschaftlicher Anforderungen ihr Einkommen zu stabilisieren und nicht durch überzogenes Ordnungsrecht in ihrer Existenz bedroht werden. 

Überarbeitung des Düngerechts

Vom Agrarpaket zu trennen sind die strengeren Düngeregelungen. Die Düngeverordnung präzisiert die Anforderungen an die gute fachliche Praxis der Düngung. Mit dem Blick auf drohende EU-Strafzahlungen wegen unzureichender Umsetzung der Nitratrichtlinie muss diese zügig angepasst werden. 

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