Ist Bio ausgeträumt?
In einer Zeit der immer enger werdenden Marktwirtschaft ist es gerade für junge Landwirte bei der Betriebsübernahme wichtig, darüber nachzudenken, wohin der Weg gehen soll.
Von offizieller Seite wird die biologische Bewirtschaftung als mehr oder weniger einziger Weg zur innovativen Betriebsführung kommuniziert. Lange Zeit war „Bio“ das Codewort für innovative, zukunftsversprechende Bewirtschaftung schlechthin. Doch laut aktuellen Studien entscheiden sich immer mehr Landwirte für einen Weg zurück zur konventionellen Landwirtschaft. Gründe sind unter anderem die immer strenger werdenden Richtlinien und viel Arbeit für wenig Ertrag.
Nach Angaben des bundeseigenen Thüneninstitutes für Agrarforschung geben jährlich etwa 600 Biobetriebe diese Bewirtschaftung auf. Knapp 200 davon schließen ganz, der Rest stellt auf konventionelle Produktion um. Als Gründe werden dabei die zu komplizierten Bio-Richtlinien und die mangelnde Produktivität genannt.
Die Agrarwirtschaft ist ein Wirtschaftszweig wie jeder andere auch. Wirtschaft muss sich rechnen, in der Wirtschaft geht es darum, Geld zu verdienen und überleben zu können. Inzwischen verstehen auch Politiker, dass im System scheinbar etwas nicht stimmt. Nach Ansicht des Mecklenburg-Vorpommerschen Landwirtschaftsministers Till Backhaus (SPD) müssten Biolebensmittel um 30 Prozent teurer sein, damit sich die biologische Produktion für Landwirte rechnet. Ob sich das bei der momentanen Wirtschaftslage und der steigenden Arbeitslosenzahlen umsetzen ließe, bedarf eines großen Fragezeichen.
Von Europäischer Union und Bundesregierung wird Innovation immer noch gleichgesetzt mit biologischer Produktion und groß auf die politischen Fahnen geschrieben. Ein Begriff kam allerdings als Diskussionsgrundlage dazu: Die Nachhaltigkeit: produzieren, ohne Zukunft und Umwelt zu vergessen. Nachhaltigkeit und konventionelle Landwirtschaft schließen sich allerdings nicht aus.
Eine Definition der nachhaltigen Landwirtschaft nimmt die soziale Verantwortung, wie den Umweltschutz und die langfristige Ernährung der Weltbevölkerung, aber auch die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des einzelnen Betriebes auf. Die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirte soll damit ebenfalls gewährleistet sein. Bei genauerer Betrachtung erkennt man, dass Bio in der momentanen Form nur einen Punkt der vier erwähnten, nämlich den Umweltschutzgedanken, bewerkstelligen kann. Gedanken sind zwar frei, leben kann davon allerdings niemand.
Nachhaltigkeit ist sicher eine Brücke zwischen biologischer und konventioneller Landwirtschaft, und diese Brücke gilt es, vorallem von der Politik, zu beschreiten. Bio zu wollen, Förderungen zu kürzen und biowillige Landwirte in der immer globaler werdenden Wirtschaft und in Zeiten von fallenden Handelsgrenzen alleine zu lassen, ist nicht der Weg, der Landwirten und Konsumenten etwas bringt.
Michi Jo Standl