Insektensterben: Universität präsentiert Lösungsansätze
Die Universität Hohenheim hat einen 9-Punkte-Plan gegen das Insektensterben ausgearbeitet. In die Pflicht wird dabei nicht nur die Landwirtschaft genommen.
Forscher der Universität Hohenheim haben auf dem internationalen Insektenschutzsymposium im Naturkundemuseum Stuttgart einen 9-Punkte-Plan gegen das Insektensterben präsentiert. „Der dramatische Rückgang der Insekten zeichnet sich bereits seit Jahrzehnten ab und wird unabsehbare ökonomische und ökologische Folgen haben, wenn wir alle nicht endlich handeln“, erläuterte Dr. Lars Krogmann vom Naturkundemuseum Stuttgart. Der Wissenschaftler wird künftig das Fachgebiet Systematische Entomologie an der Universität Hohenheim leiten.
Plan stützt Aktionsprogramm der Bundesregierung
Das vor kurzem veröffentlichte „Aktionsprogramm Insektenschutz“ von Bundesumweltministerin Svenja Schulze bewerten die Forscher positiv. Der 9-Punkte-Plan soll nun an die Agrar-, Umwelt- und Bildungsministerien des Bundes und der Länder versandt werden und die Arbeit der Ministerien stützen.
Die Forderungen der Wissenschaftler gegen das Insektensterben:
Einschränkung des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft
Bei der Schädlingsbekämpfung fordern die Forscher veränderte Zulassungsverfahren, ein Verbot von vorbeugendem Pflanzenschutz und ein Verbot von Neonikotinoiden sowie Totalherbiziden.
Extensivierung der Landwirtschaft
Das soll laut der Wissenschaftler durch Kopplung der EU-Agrarsubventionen an ökologische Leistungen und durch Förderung von Brachflächen und Ökolandbau geschehen. Nährstoffüberschüsse müssen begrenzt, strukturreiche Flächen und die Vernetzung der Biotope gefördert werden.
Erhöhung der Artenvielfalt des Grünlandes
Ein Rückgang der Grünlandflächen ist zu stoppen. Die Bewirtschaftung muss insektenfreundlicher werden, der Einsatz von Mulchgeräten und Mähaufbereitern begrenzt werden.
Pflege von Naturschutzgebieten
Das Pflegemanagement muss Insekten besser berücksichtigen. Die unter Naturschutz stehende Fläche ist zu erhöhen, der Einsatz von Pestiziden darin untersagt werden. Die Naturschutzbehörden brauchen einen höheren Etat.
Mehr Natur im öffentlichen Raum
Öffentliche Grünflächen sollen insektenfreundlicher gestaltet werden: Mehr heimische Blühpflanzen statt mehr Grün in der Stadt. Rasenflächen müssen zu extensiven Mähwiesen umgestaltet werden.
Weniger Lichtverschmutzung
Straßenleuchten sind auf LED umzurüsten, die Farbtemperatur sollte maximal 3000 Kelvin betragen, die für Insekten weniger attraktiv ist als die üblichen 4000 Kelvin.
Forschungs‐ und Bildungsoffensive
Die Artenkenntnisse der Bevölkerung in Deutschland sind gering. Daher ist eine Taxonomie-Offensive für Experten und Amateur-Entomologen nötig. Das Insekten-Monitoring muss ausgebaut, naturkundliche Sammlungen besser unterstützt werden.
Förderung von Wildbestäubern
Wildbienen sollen einen höheren Schutzstatus erhalten und in die FFH-Richtlinie aufgenommen werden. Um Krankheitsübertragungen zu vermeiden, ist bei Honigbienen streng auf die Hygiene zu achten, eine Nahrungskonkurrenz zu den Wildbienen ist zu vermeiden, etwa durch die Festlegung einer Höchstzahl.
Öffentlichkeitsarbeit
Das Bewusstsein der Bevölkerung für das Problem ist zu schärfen, etwa damit auch Privatgärten insektenfreundlicher gestaltet werden. Fortbildungen für Lehrer und Erzieher können bereits bei den Jüngsten ansetzen.