Tierhaltung

Initiative Tierwohl? Gut und schön, aber…

Der Deutsche Bauernverband (DBV) will sich künftig im Namen der Landwirte für ein besseres Leben der Tiere einsetzen. Zu diesem Zweck unterzeichnete DBV-Präsident Joachim Rukewied gemeinsam mit anderen Initiatoren eine Absichtserklärung zu Umsetzung der „Initiative Tierwohl“ für die Schweine und Geflügelzucht. Das Vorhaben soll „ein wichtiger Schritt für die Weiterentwicklung von Tierwohlstandards in der deutschen Nutztierhaltung“ sein.

Beteiligt an der Aktion sind neben der Landwirtschaft auch der Handel und die Fleischindustrie. Laut DBV habe man sich für die Initiative entschieden, da es bislang noch keine zufriedenstellende Entwicklung von entsprechenden gemeinsamen Qualitätsfleisch-Marken gäbe. Aus Sicht der Landwirtschaft wäre dabei entscheidend, dass die Teilnahme der Bauern freiwillig sei und sich das Modell gleichzeitig für den breiten Markt eigne, so Rukewied.

Inzwischen kommen Bedenken von der politischen Bühne. Grünen-Agrarsprecher Friedrich Ostendorff gibt zu bedenken, dass eine Branchenvereinbarung keinesfalls Gesetze durch Tierschutzkennzeichnung ersetzen könne. Er bezeichnete die Aktion sogar als „Feigenblatt“. Was Ostendorff damit meint, ist, dass der Start einer solchen Initiative erst wieder ein Mantel ist, den man über eine Sache legt, die in dieser Form nicht funktionieren kann. „Die Verbesserungen im Stall müssen deutlich ausfallen. Als Mindestkriterien müssen erheblich mehr Platz, eine Strukturierung der Funktionsbereiche des Stalls und etwa bei Ferkeln das Beenden des Abschneiden der Ringelschwänze, sowie am besten auch Auslauf für die Tiere gelten“, so der Politiker, der selbst Landwirt ist. Für Verbraucher müsse seiner Meinung nach am Produkt klar erkennbar sein, wofür sie ihr Geld ausgeben, das sei bislang nicht vorgesehen.

Kommt die Fleischindustrie mit?
Fleischskandale ziehen sich durch die Lebensmittelindustrie wie ein roter Faden. Aktuell am Medien- und Verbraucherpranger der Geflügelverarbeiter Wiesenhof, der deutschlandweit Verträge mit Geflügelmästereien hat. Tierschützer werfen dem Unternehmen vor, profitorientiert ohne Rücksicht auf Mensch und Tier zu arbeiten. Es ist von Turbohühnern und völligen Überzüchtungen die Rede. „Die Tiere haben ein so abnormes Wachstum, dass sie Schmerzen haben, massiv leiden und kaum laufen können. Die Beine vieler Hühner sind so verkrüppelt, dass sie nicht in der Lage seien, Wasser und Futter zu erreichen.“, so Tierschützer Friedrich Mülln, der mit seiner „Soko Tierschutz“ inzwischen auch Strafanzeige gegen Wiesenhof erstattet hat, gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“. Mülln will sogar wissen, dass in den Ställen verweste Tiere im Streu liegen, an denen sich bereits Parasiten und Insekten zu schaffen machen.

Solange solche Anschuldigungen im Raum stehen, wird es die Industrie kaum schaffen, mit Landwirten und Tierschützern an einem Tisch zu sitzen. Die Tierwohl-Initiatoren müssen mit der Überzeugungsarbeit nicht bei den Bauern anfangen, sondern bei der Industrie, unter deren Gier die Bauern und Verbraucher leiden. Und der nächste Fleischskandal kommt bestimmt.

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