Im Kriechgang zum Erfolg
In Frankreich ein Renner, in Deutschland ein Exot für Gourmets: Die Weinbergschnecke. Auch wer sie züchten will, kann sich wie ein seltenes Exemplar fühlen, denn Schneckenzüchter sind in deutschen Landen ebenfalls eine seltene Spezies – und eine hartnäckige dazu.
Einen Weinbergschneckenzüchter zu seiner Arbeit zu befragen ist derzeit gar nicht so leicht. Es gäbe eigentlich nichts zu erzählen oder es sei momentan eher schwierig und man möchte nichts sagen, heißt es immer wieder. Hans Herold wundert das nicht, er hat mit seiner Weinbergschneckenzucht im Odenwald seine ganz eigenen Erfahrungen gemacht.
Die Vorraussetzungen für eine artgerechte und ökologische Zucht von 70.000 Weinbergschnecken der Art „Aspersa Maxima“ scheinen zu Beginn nicht besonders hoch. 200 Quadratmeter Land reichen dem ehemaligen Maler- und Lackierermeister. Den Schnecken auch, die fühlen sich auf wenig Raum wohl, so Herolds Erfahrungen. 1000 Jungschnecken kosten um die 11 Euro, wachsen relativ schnell und sind innerhalb von sechs Monaten geschlechtsreif.
Doch von einem simplen Geschäft kann keine Rede sein, denn Schnecken verursachen durchaus Aufwand: „Das ist alles relativ kompliziert, man muss schon ein bissl was tun“, sagt Herold und meint zum Beispiel die aufwändigen Zäune gegen Fressfeinde (Fuchs, Kröte, Ratte) und Maßnahmen gegen Schädlinge wie den Blaukäfer oder Futterfeinde wie die Nacktschnecke. Gegen letztere hat Herold sogar Enten im Einsatz, denn in manchen Jahren, so berichtet er, waren mehr Nacktschnecken als Weinbergschnecken in der Anlage.
Die Nachzucht findet im heimischen Keller statt und bringt zwei Monate Vorsprung vor dem natürlichen Kalenderjahr der Schnecken. So kann die Ernte zur besten Zeit stattfinden kann. Die Schnecken sitzen auch nicht einfach auf der Wiese, sondern bekommen Naturheilkräuter, verschiedene Wiesengewächse und Zusatzfutter für ein stabiles Schneckenhäuschen. Bei hochsommerlichen Temperaturen werden die Schneckengehege förmlich unter Wasser gesetzt, erklärt Herold, denn die Tiere fühlen sich bei kühlen 17 bis 20 Grad am wohlsten. Im August beginnt die Ernte – das heißt Einsammeln, Lüften, ungenießbare Bestandteile entfernen und das Schlachten, also das Herausziehen aus dem Gehäuse.
Bürokratische Hürden machen die Zucht zum Luxus
Den größten Kampf aber, so Herold, führt ein Schneckenzüchter gegen die deutsche Bürokratie. „Man hat viele Vorschriften vom Veterinäramt und muss viel Aufwand betreiben. So musste ich einen geeigneten Schlachtraum einrichten, obwohl bei Schnecken keine Schlachtabfälle und kein Blut anfallen“, berichtet Herold. Im Ort selbst sei die Zucht von der unteren Naturschutzbehörde zudem nicht erlaubt worden, so dass er sich ein Gelände außerhalb suchte. Für dieses war aber den Vorschriften nach noch eine Personaltoilette nötig – die hat Herold sich dann in einem zehn Kilometer entfernten Gasthaus eingerichtet und genehmigen lassen.
„Zwei Jahre hat sich das alles hingezogen, deswegen macht in Deutschland keiner Schneckenzucht, bei dem ganzen Ärger,“ meint der Züchter. Er biss sich durch und schluckte auch die 19 Prozent Mehrwertsteuer, die auf Weinbergschnecken fällig werden. Denn anders als die meisten anderen Lebensmittel, die nur mit sieben Prozent besteuert werden, zählen sie als Luxusgut. Dabei betreibt Herold die Zucht nicht hauptberuflich, sondern als Hobby und als Beschäftigungstherapie. „Meine Schnecken halten mich fit“, sagt er.
Der Lohn für all die Mühe ist die Aussicht, im sechsten Betriebsjahr vielleicht schwarze Zahlen zu schreiben. Und das Wissen, etwas Besonderes zu tun, denn Hessen ist kein typisches Schneckengebiet, das Feinschmecker wie den Elsass oder Lothringen extra anfahren. Insofern hat Herold nach eigener Aussage auch Glück mit seinen Abnehmern im Umkreis, die vor allem auf regionale Produkte setzen – etwa die Odenwaldgasthäuser. Bei der klassischen Schneckenprodukten belässt er es aber nicht, sondern will in Kürze einen neuen Brotaufstrich auf den Markt bringen, eine Art Schnecken-Kräuterbutterpaste. Köche als Testesser bescheinigten ihr Potential, nun will Herold das Produkt auf Wochenmärkten und über den Werksverkauf einer Molkerei unter die Leute bringen.
Sehr geehrter Herr Albrecht,
vielen Dank für Ihr Interesse an unserem Blog. Wir haben zwar über die Schneckenzucht geschrieben, aber Herr Herold arbeitet nicht für gruuna. Am besten erreichen Sie ihn per Mail unter info@schneckengarten.de – oder über das Formular auf seiner Homepage unter http://www.schneckengarten.de
Wenn Sie mir Ihrer Zucht begonnen haben, melden Sie sich doch mal wieder bei uns.
Viele Grüße,
Jan Berger