Höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch?
Die Vorschläge des Hamburger Ökonomen Tobias Effertz stoßen auf heftige Kritik.
Für die meisten Lebensmittel gilt bislang der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent. Der Hamburger Ökonom Dr. Tobias Effertz hat nun in einer Studie vier Szenarien erarbeitet, die zeigen, wie über Steuersätze die Verbraucher zu einer gesünderen Lebensweise angehalten werden könnten. Das Ziel: Menschen sollen durch Verteuerung dazu angehalten werden, auf gesunde Lebensmittel zurückzugreifen. Die Studie geht davon aus, dass man das Problem Übergewicht so in den Griff bekommen könnte. Als politisch am realistischsten erscheint ihm die Besteuerung nach einem Szenario „Ampel plus“:
- Grün 0 %: Obst und Gemüse
- Gelb 7 %: Normale Lebensmittel wie Nudeln, Milch oder Fleisch
- Rot 19 %: Produkte mit viel zugesetztem Zucker, Salz oder Fett wie Fertiggerichte, Chips oder Süßigkeiten
Die Mehrwertsteuer auf Softdrinks sollte laut Effertz nach dem Szenario „Ampel Plus“ sogar von derzeit 19 auf 29 Prozent erhöht werden. In einem anderen Szenario kann sich der Ökonom aber auch eine Erhöhung der Steuer auf alle Lebensmittel, außer Obst und Gemüse, vorstellen. Betroffen davon wäre auch Fleisch. Dabei würden die Steuersätze auf die Produkte aus allen „Ampelfarben“ auf 19 Prozent erhöht werden. Für Obst und Gemüse sieht Effertz in allen Szenarien 0 Prozent Mehrwertsteuer vor. Einen Überblick finden Sie unter dem Artikel.
Neu ist die gesundheitliche Förderung über die Steuer nicht: In Berkeley im US-Bundesstaat Kalifornien etwa ist der Absatz von Softdrinks durch eine höhere Besteuerung um 21 Prozent zurückgegangen. „Auch für Deutschland sind Steueranpassungen ein effektiver Weg, um die Bürger vor Adipositas zu schützen“, so Prof. Hans Hauner, Vorsitzender der Deutschen Deutschen Diabetes Stiftung (DDS). Die DDS hatte zusammen mit der Deutschen Diabetes Gesellschaft und weiteren Verbänden die Studie in Auftrag gegeben und finanziert.
Heftige Kritik an Studie
Der Bundesverband für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) übt scharfe Kritik an der Studie. BBL-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff: „Was der Pharmalobbyverein Deutsche Diabetes Gesellschaft hier macht ist eine reine Bevormundung vor allem sozial benachteiligter Menschen, die auf Transferleistungen angewiesen sind.“ Diesen werde jetzt vorgeschrieben, was sie essen dürfen und was nicht – weil sie sich schlicht nicht mehr die komplette Lebensmittelvielfalt leisten könnten, so Minhoff weiter.
Minhoff kritisiert weiter, dass Modellrechnungen immer nur einen kleinen Teil der Realität abbilden. Prognosen zum menschlichen Verhalten seien deshalb mit Vorsicht zu genießen. „Was wir brauchen, ist sachgerechte Aufklärung statt eine reine Fokussierung auf Ernährung.“, so Christoph Minhoff. Das Problem Übergewicht hält er als viel zu komplex als über Steuerstaffelungen zu lösen. Minhoff vermisst in der Studie Faktoren wie Bewegungsmangel und Stress.
Die von Dr. Tobias Effertz erarbeiteten Szenarien im Überblick:
Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
Die komplette Studie kann auf der Internetseite der DDG als PDF geladen werden.
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