GroKo-Poker: Das BMELV ist Geschichte
Kommentar von Michi Jo Standl
Die Wahlen sind entschieden, die Große Koalition (GroKo) aus SPD und Union hat sich geeinigt, die Minister sind bestellt – und die Karten wurden neu gemischt, sehr neu. Dabei bringt das Spiel einige Überraschungen auf den Tisch.
Die größte Überraschung betrifft wohl die Landwirtschaft. Verbraucherthemen werden vom Agrarressort abgezogen und sind im Justizministerium gelandet. Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz ist somit Geschichte und wird lapidar zum Agrarministerium unter dem ehemaligen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Sich um die Anliegen der Verbraucher zu kümmern, hatte sich der neue Justizminister Heiko Maas (SPD) ausbedungen.
„Landwirtschaftsministerium nicht so wichtig“
Die Ministerinnen und Minister sind noch nicht einmal vereidigt, da werden schon Stimmen gegen die Zuständigkeiten der Ministerien laut. Gerechtfertigt wird die Abwanderung der Konsumentenbelange damit, dass das Justizministerium, im Gegensatz zum Landwirtschaftsministerium, ein Initiativrecht für Gesetze besitze und so schneller auf den Schutz der Verbraucher reagieren könne. Verbraucherthemen sind vielfältig und betreffen Konsumenten jeder Branche. Die Ernährungsgesundheit für die Verbraucher scheint nun allerdings weit weg vom Ursprung zu sein, denn die Landwirte sind immerhin die Versorger der Nation.
Man könnte glauben, dem Agrarministerium würde der Verbraucherschutz nicht zugetraut oder, anders gesagt, den deutschen Landwirten würde nicht getraut werden. Gesunde Ernährung würde immer wichtiger werden und sei daher im Justizministerium besser aufgehoben, heißt es im deutschen Blätterwald. Der Schluss daraus: Das Landwirtschaftsministerium sei nicht wichtig genug oder vielleicht auch nicht ausreichend kompetent.
Die Verbraucher-, Tierschutz- und Umweltverbände freut’s, müssen sie doch nicht mehr direkt mit dem Gegenpart reden. Was den Landwirten allerdings fehlen wird, sind echte Wortführer gegenüber der Europäischen Union, die, wie es oft scheint, das „Volk“ vor den Landwirten, die seit Jahrtausenden die Böden bestellen, schützen möchte, vor was auch immer.
Neo-Landwirtschaftsminister Friedrich hat übrigens gar keinen Bock auf Agrar. Er wäre lieber Innenminister geblieben, wie er gegenüber dem Fernsehsender „Phönix“ äußerte. Na, das kann ja heiter werden.