Gesunde Mischung aus Vertrauen und Kontrolle
Im aktuellen Dioxin-Skandal sind Verbraucher wie Landwirte verunsichert. Im Interview mit gruuna sagt Christian Apprecht, Referent für Medien und Kommunikation im Landesbauernverband Sachsen-Anhalt in Magdeburg, worauf es jetzt ankommt.
Herr Apprecht, zurzeit überschlagen sich die Nachrichten und Verlautbarungen im aktuellen Dioxin-Skandal. Eine Tierschutzorganisation etwa rät, Eier, Geflügel- und Schweinefleisch zu meiden. Ein Wirtschaftsverband hält dagegen, niemand müsse auf Geflügelfleisch verzichten. Was dürfen die Verbraucher denn noch glauben?
Am besten ist es, den gesunden Menschenverstand einzuschalten und einfach auf die Experten zu hören. Die sitzen in der Regel nicht bei Tierschutzorganisationen. Auch die Wirtschaft verfolgt verständlicherweise in einer solchen Situation ganz eigene Interessen. Aber wenn eine unabhängige Stelle wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sagt, dass trotz einer kurzfristigen Überschreitung der Dioxin-Grenzwerte nicht von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen ist, dann kann man
darauf schon vertrauen. Letztlich ist es aber die persönliche Entscheidung jedes Verbrauchers, wie er sich jetzt verhält.
Sie sprechen von Vertrauen. Führt der Dioxin-Skandal nicht eher zu einem Vertrauensverlust – und zwar nicht nur bei den Verbrauchern, sondern auch zwischen den Beziehern von Futtermitteln, Händlern und Produzenten?
Sicherlich gibt es einen solchen Vertrauensverlust, und der wird weitergereicht: Die Abnehmer landwirtschaftlicher Produkte – etwa die Schlachthöfe – werden sich Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausstellen lassen. Entsprechend werden sich die Landwirte sicherlich von ihren Futtermittellieferanten bescheinigen lassen, dass diese kein Futterfett des Herstellers Harles & Jentzsch mit verarbeitet haben. Sicherlich muss hier auch ein neues System der Kontrolle gefunden werden. Wenn etwa eine Großbäckerei Mehl geliefert bekommt, dann nimmt sie, bevor der Lkw entladen werden darf, eine Probe und untersucht sie im Labor. Natürlich können die meisten Landwirtschaftsbetriebe kein Labor vorhalten. Aber vielleicht lassen sich ja hier Möglichkeiten bei den großen
Lieferunternehmen finden, die den Landwirten über Laboruntersuchungen sichere Nachweise geben können.
Futtermittel können auch auf Internetplattformen wie gruuna.com angeboten und gekauft werden. Bringt der aktuelle Dioxin-Skandal solche modernen Formen des Handels in Bedrängnis?
Natürlich hat der Vor-Ort-Handel immer den Charme, dass er direkt und mit persönlichen Kontakten verbunden ist. Das hilft, Vertrauen aufzubauen. Aber das heißt ja nicht, dass beim Handel über das Internet Misstrauen angebracht ist. Wie auch beim lokal-stationären Handel gilt hier: Wichtig ist eine gesunde Mischung aus Vertrauen und Kontrolle. Und nicht zuletzt unterliegt ja auch der Internethandel strengen Regelungen und bewegt sich nicht im rechtsfreien Raum. Da ist es ganz egal, ob Sie mit Technik handeln oder mit Futtermitteln. Ich denke schon, dass diese Form des Handels weiter im Kommen ist und auch den Landwirtschaftsbetrieben neue Möglichkeiten bietet, sich über Preise und Leistungen zu informieren sowie die Seriosität von Geschäftspartnern einzuschätzen. Aber natürlich auch, um sich am Markt als gute Geschäftspartner zu etablieren.