Für Leib und Seele
Mit der regionalen Herkunft werden zunehmend landwirtschaftliche Produkte beworben. Abseits von international bekannten Marken – wie dem Schinken aus Parma oder dem Champagner – gibt es auch in Deutschland über ein Dutzend Gebiete, die das sogenannte Regionalmarketing betreiben. In unserem Blog stellen wir sie vor und berichten, wie Landwirte und Lebensmittelproduzenten von den Regionalmarken profitieren können. Heute schauen wir nach Norddeutschland, in das Biosphärenreservat Schaalsee. Und klären, was für Vorraussetzungen ein Betrieb erfüllen muss, um mit dem Siegel der Region werben zu dürfen.
Das Biosphärenreservat Schaalsee liegt in einem gedachten Rechteck zwischen Hamburg, Lübeck, Wismar und Schwerin, direkt an der Landesgrenze von Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Es umfasst ein Areal von knapp 30.900 Hektar (309 Quadratkilometer) östlich des namensgebenden Schaalsees.
Bereits seit 1958 sind der Schaalsee und die angrenzende Landschaft geschützt. Der stetig ausgebaute Schutz von Landschaft und Natur – begünstigt, durch die ruhige Lage im ehemaligen deutsch-deutschen Grenzgebiet – gipfelte 1990 in der Schaffung des Naturparks Schaalsee. Zehn Jahre später, im Jahr 2000, wurde der Naturpark Schaalsee schließlich von der UNESCO in den Rang eines Biosphärenreservats erhoben. Ein solches Reservat soll einen einzigartigen Lebensraum bewahren. Dazu ist mehr als der Schutz der typischen Flora und Fauna nötig.
Für den Erhalt der über Jahrhunderte geprägten Kulturlandschaften ist eine Förderung der an die speziellen Erfordernisse des Reservats angepassten Landwirtschaft und Lebensweise nötig. Aus diesem Grund trieben im Jahr 1998 einige engagierte Direktvermarkter wie der Schnuckenschäfer Detlef Moor und die Naturparkverwaltung die Schaffung einer Regionalmarke voran. „Biosphärenreservat Schaalsee – Für Leib und Seele“ ist seitdem Motto und Siegel der angeschlossenen Betriebe, zu denen nicht nur landwirtschaftliche Unternehmen zählen. Weil einige an das Biosphärenreservat angrenzende Gemeinden in die Vergaberegion einbezogen wurden, ist das Vergabegebiet der Regionalmarke doppelt so groß wie das Biosphärenreservat selbst, schätzt Wolfram Lindenkreuz vom Amt für das Biosphärenreservat Schaalsee. Der Diplomforstwirt ist Dezernent für Besuchermanagement und Regionalentwicklung und verwaltet die Regionalmarke mit.
Betriebe, die Inhaber der Regionalmarke werden wollen, müssen sich nach einem branchenspezifischen Katalog mit einem umfangreichen Punktesystem prüfen lassen. Die Einhaltung der Kriterien wird in jährlichen Begehungen kontrolliert. Für Landwirtschaftsbetriebe ist eine Zertifizierung des Unternehmens nach dem
QS-Prüfsystem Grundvoraussetzung. Darüber hinaus belohnt die lokale Vergabe-Jury eine extensive, ökologische Produktionsweise und die Mitgliedschaft in den entsprechenden Erzeugerverbänden mit einer höheren Bewertung. Jedoch sind die Vergabekriterien bewusst so gewählt, dass auch QS-zertifizierte Betriebe mit konventioneller Produktionsweise die Regionalmarke tragen können, betont Lindenkreuz im Gespräch mit gruuna.
Fragt man Wolfgang Lindenkreuz nach seiner persönlichen Lieblingsspezialität der Region, muss er nicht lange überlegen. „Käse“, lautet die prompte Antwort. Handwerkliche Molkereien und Käsereien verarbeiten die Milch von Kühen, Schafen und Ziegen der Region. Damit würde ein wichtiger Beitrag zur Landschaftspflege geleistet. Die entstehenden Käsesorten lobt Lindenkreuz durchweg als „hochwertig“. Sie seien ein echtes Produkt der Region und würden wunderbar zum Biosphärenreservat Schaalsee passen.
Heute tragen 16 Unternehmen aus dem Bereich Landwirtschaft, Logistik und Lebensmittel-Verarbeitung das Siegel der Regionalmarke „Biosphärenreservat Schaalsee – Für Leib und Seele“. Sie arbeiten überwiegend aus der Region für die Region und vermarkten meist ab Hof oder im Direktvertrieb auf Märkten. Die Träger der Regionalmarke produzieren heute Milch, Käse und Fleisch von Rindern, Schafen und Ziegen sowie Getreide, Futter, Obst, Gemüse und Honig Aber auch überregional orientierte Unternehmen wie die Gut Gallin GmbH (http://www.gutgallin.de/) gehören zu den Trägern der Regionalmarke. Der Betrieb wirtschaftet auf 1100 Hektar. Angebaut werden Getreide, Leguminosen, Futter und Gemüse. Rind- und Schweinefleisch werden in einer eigenen Hofschlachterei verarbeitet und verkauft.
Durch die relativ geringe Zahl der Markenträger und die sehr unterschiedlichen Betriebsstrukturen lässt sich der Erfolg der Regionalmarke nur schwer in konkreten Zahlen ausdrücken, bedauert Wolfgang Lindenkreuz. Einfacher sei es bei den Touristikern unter den Inhabern der Regionalmarke. In diesem Bereich ließe sich der Effekt der Regionalmarke an steigenden Gästezahlen ablesen. Dies mag daran liegen, dass das Amt für das Biosphärenreservat Schaalsee die Regionalmarke „Für Leib und Seele“ regelmäßig auf Messen und Ausstellungen präsentiert. Dementsprechend wächst die Zahl der Mitglieder aus dem Touristiksektor schnell, während die Zahl der landwirtschaftlichen Betreibe eher stagniert. Der Dezernent für Regionalentwicklung ist dennoch überzeugt, dass die landwirtschaftlichen Betriebe durch eine engere Verknüpfung mit der lokalen Gastronomie in Zukunft stärker von der Regionalmarke profitieren können. „Hier sehe ich das größte Verbesserungspotenzial“, ergänzt Wolfgang Lindenkreuz optimistisch.
Der erste Blog-Eintrag zum Thema Regionalmarketing beschäftigte sich mit der Regionalmarke Eifel.