Recht & Steuer

foodwatch zu TTIP: „Chlorhühnchen sind nicht das Problem“

foodwatch wirft den an den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit den USA beteiligten Politikern und Wirtschaftsvertretern Desinformation vor. Sogar von der „Freihandelslüge“ ist die Rede.

Sollte das Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) in Kraft treten, wird sich auch für die europäische und somit für die deutsche Landwirtschaft einiges ändern. Agrarexperten sehen zum Beispiel das Umweltverständnis der deutschen Landwirte untergraben und Herkunftsbezeichnungen gefährdet. Während die Verhandlungen auf Hochtouren laufen, sieht der Verein foodwatch die Europäer von der Politik belogen. Laut dem Verein würden die Probleme aber weit über landwirtschaftliche Belange hinaus gehen: „Chlorhühnchen seien nicht das Problem“, heißt es.

Von der Bundeskanzlerin bis zur Europäischen Kommission, von den Wirtschaftsweisen bis zum Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), von der US-Botschaft bis zur Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft – niemand wird verschont. Man werde falsch oder irreführend über das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA informiert, umriss foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode auf einer Pressekonferenz am Montag in Berlin den Inhalt seines Buches „Die Freihandelslüge: Warum TTIP nur den Konzernen nützt – und uns allen schadet“. Chancen des Abkommens würden aufgebauscht und die Risiken verschwiegen, so Bode weiter.

foodwatch hängt sich dabei an Widersprüche innerhalb der Verhandlungsbeteiligten und zitiert zum Beispiel Bundeskanzlerin Merkel. Sie habe zwar gesagt, dass der Spielraum für künftige Regulierungsvorhaben erhalten bleiben müsse, ihr eigenes Kanzleramt habe aber klargestellt, dass die Handlungsspielräume der EU und ihrer Mitgliedsstaaten bei einer Zusammenarbeit mit den USA eingeschränkt werden könnten. Des Weiteren kritisiert der Verein, dass Schätzungen als Fakten „verkauft“ würden. Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) schreibe in einer Broschüre von „Hunderttausenden neuen Arbeitsplätzen“ und „119 Milliarden Euro Gewinne durch TTIP“. Diese Angaben würden auf völlig spekulativen Schätzungen beruhen, heißt es dazu von foodwatch. Dass dieselben Studien bei anderen Annahmen zu viel niedrigeren Prognosen kämen, verschweige die INSM.

Auch Parteien, wie etwa die CDU, kommen in dem Rundumschlag nicht allzu gut weg. „Die Schätzungen über zusätzliche Arbeitsplätze in der EU reichen von 400.000 bis 1,3 Millionen“, zitiert Bode Merkels Partei. Man habe die Studie, aus der die Angaben stammten, einfach falsch zitiert. In dieser sei nämlich nur von etwa 12.000 Jobs die Rede. Der BDI mache kurzerhand aus langfristigen Niveaueffekten jährliches Wachstum von 100 Milliarden Euro im Jahr. Tatsächlich würde es in Studien heißen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der EU im Jahr 2027 um diesen Betrag höher liegen könnte TTIP. Ein jährliches Zusatzwachstum werde gerade nicht vorhergesagt und erst recht nicht in dieser Größenordnung, so foodwatch.

Auch mit der Aussage eines nicht erwähnten Vertreters der Europäischen Kommission kann der Verein scheinbar nicht viel anfangen. Dieser habe behauptet, dass TTIP eine „große Goldgrube“ für Entwicklungsländer sei. Tatsächlich sage eine Studie aus, dass gerade Entwicklungsländer mit Verlusten zu rechnen hätten.

Bereits am Dienstag hat foodwatch begonnen, den Rundumschlag in die Tat umzusetzen. Begonnen wird beim Bund der Deutschen Industrie. Der Verein forderte BDI-Präsident Ulrich Grillo in einem offenen Brief auf, die veröffentlichten Wachstumsprognosen zu korrigieren.

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