EU-Abgeordneter Jo Leinen: „Agrarsprit künftig nur mehr 4,7 Prozent des Gesamttreibstoffes“
Die Diskussion um das EU-Vorhaben, Raps, Mais, Soja und Co. die Nachhaltigkeit abzusprechen, nimmt kein Ende und scheint immer skurriler zu werden. Zuerst waren es zehn Prozent, die Agrartreibstoffe am Gesamttreibstoff künftig ausmachen sollen. Im September waren es sechs Prozent. Jetzt sind es nur mehr 4,7 Prozent, wie der saarländische EU-Abgeordnete Jo Leinen (SPD, S&D) vergangenen Dienstag gruuna.com auf die Frage nach dem aktuellen Stand der Entwicklung bestätigte. „Betrieben, die investiert haben, kann man natürlich nichts wegnehmen, aber erweitern oder gar verdoppeln darf mit Sicherheit niemand“, so Leinen weiter.
Da fragt man sich als aufmerksamer Verfolger der EU-Debatten, wann wir bei null Prozent sind. Arbeitet die EU etwa darauf hin, dass die Biospritproduktion, die ein wichtiger landwirtschaftlicher Zweig ist, bald ganz eingestellt wird?
Die Angst der Union ist, dass durch die Biospritproduktion wichtige Flächen für Nahrungsmittel wegfallen. Dabei ginge es um die indirekte Landnutzung. Das heißt, man ist der Meinung, dass der europäische Biospritmarkt die Lieferungen gar nicht alleine stemmen kann und Öl, zum Beispiel von indonesischen Palmen, zuführen müsste. Dazu würden erstens Flächen für Lebensmittel verschwinden und zweitens Regenwald, der für das globale Klima sehr wichtig ist, verbrannt werden.
Die Ursache-Wirkungsbeziehung dieser Hypothese sei wissenschaftlich keineswegs bewiesen, so Dieter Bockey von der „Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen“ (UFOP) in einem Interview mit gruuna.com. „Die EU hat hier der Kommission klar den Auftrag für eine fundierte wissenschaftliche Analyse erteilt.“, so Bockey weiter.
Bis jetzt konnten sich die EU-Energieminister noch nicht auf einen Kompromissvorschlag zur EU-Biokraftstoffpolitik einigen. Wie denn auch, eine konkrete wissenschaftliche Analyse scheint immer noch nicht zu existieren. UFOP-Vorsitzender Wolfgang Vogel fordert deshalb, dass sich die Union in den nächsten Monaten intensiv mit der wissenschaftlichen Grundlage der indirekten Landnutzung beschäftigt.
Michi Jo Standl