Recht & Steuer

“Es gibt spezielle Bedürfnisse und Anforderungen in der Agrarbranche”

Mit Versicherungen beschäftigen sich die meisten Menschen nur ungern. Landwirte sind da keine Ausnahme. Doch auch sie treffen die sinkenden staatlichen Renten. Ohne private und betriebliche Vorsorge wird kaum ein Angestellter in der Agrarbranche genug Geld im Alter haben. Wir haben über das Thema mit Ronald Peiter gesprochen. Für die gvf VersicherungsMakler AG, die Muttergesellschaft von gruuna, berät er Landwirtschaftsbetriebe seit 18 Jahren über die betriebliche Altersvorsorge. Gerade Beschäftigte in der Agrarbranche haben besondere Anforderungen bei der Altersvorsorge, sagt Peiter.

Welche langfristigen Versicherungen sind für einen Angestellten in der Agrarbranche sinnvoll?

Ein Arbeitnehmer in einem größeren Landwirtschaftsbetrieb in den Neuen Bundesländern verdient durchschnittlich etwa 18.000 Euro brutto im Jahr, lebt auf dem Land, in einem eigenen älteren Haus, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Die Frau arbeitet in der Regel nicht Vollzeit. Er braucht eine private Altersversorgung und wenn es geht auch eine betriebliche. Eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit ist ebenfalls sehr wichtig für ihn. Gerade weil er so wenig verdient. Und: Wenn der Angestellte in seinem Beruf nicht mehr arbeiten kann, findet er auch keinen anderen Job in der Gegend. Er ist weit weg von der Stadt und hat eine sehr spezialisierte Ausbildung.

Jeder Angestellte zahlt bereits in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Wieso sollte jemand aus der Agrarbranche – der sowieso ein relativ geringes Gehalt hat – noch in eine private Vorsorge investieren?

Die staatliche Rente, zuletzt reformiert vor knapp drei Jahren, ist nur noch eine Grundabsicherung – eine Absicherung für das Alter auf Sozialhilfeniveau. Ein Arbeitnehmer, der mit 63 in Rente gehen will, bis dahin 40 Jahre gearbeitet hat und für den das neue Regelpensionsalter von 67 Jahre gilt, der ist heute 46 Jahre oder jünger. Der wird etwa 560 Euro Rente bekommen. Das reicht nicht, um den Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Man braucht mindestens 450 bis 500 Euro zusätzliche Einkünfte monatlich bis zum Lebensende.

Ist das überhaupt zu schaffen für einen Angestellten, der heute 40 ist und die angesprochenen 18.000 Euro verdient?

Unter diesen Voraussetzungen ist es sicher schwierig, aber es lohnt sich auf jeden Fall, auch für Ältere. Vor allem, weil es geförderte Altersvorsorgeformen gibt. Das ist zum einen die Umwandlung von Arbeitsentgelt in der betrieblichen Altersvorsorge. Im Privatbereich wird die Riester-Rente gefördert. Das lohnt sich, auch wenn der 40-Jährige erstmal das aufholen muss, was ihm in zwanzig Jahren entgangen ist.

Wie viel Prozent von seinem Einkommen sollte ein Angestellter denn für die Altersvorsorge zurücklegen?

Wenn man nur die Verringerung der staatlichen Rente ausgleichen will, die sich aus der Reform von 2002 ergibt, dann wird empfohlen, acht Prozent des Bruttoeinkommens in die Altersvorsorge zu investieren. Damit habe ich ein Versorgungsniveau von ungefähr 70 Prozent meines letzten Netto-Einkommens.

Kann eigentlich jeder Angestellte aus dem Agrarbereich die betriebliche Altersvorsorge nutzen?

Die arbeitgeberfinanzierte Form der betrieblichen Altersvorsorge ist eine freiwillige Leistung des Betriebs. Sie wird aber zu einer Pflichtveranstaltung, wenn der Betrieb tarifgebunden arbeitet. Auf die Entgeltumwandlung, also der arbeitnehmerfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge, hat jeder rentenversichert beschäftigte Arbeitnehmer in Deutschland einen Rechtsanspruch.

Bei dieser Altersvorsorge werden bis zu vier Prozent des Einkommens nicht ausgezahlt, sondern direkt in eine Rentenversicherung investiert. Warum ist das für einen Angestellten besser, als das Geld selbst anzulegen?

Die vier Prozent, die man privat investiert, hat man versteuert und darauf Sozialversicherungsbeiträge bezahlt. Mit der betrieblichen Altersvorsorge spart man also rund 60 Prozent, die nicht vorher abgezogen werden.

Was passiert, wenn ich eine solche Altersvorsorge abschließe und dann den Arbeitgeber wechsele?

Wenn man die Versicherung komplett selbst als Arbeitnehmer finanziert hat, hat man einen Anspruch darauf, den Vertrag mitzunehmen. Man kann ihn auch beim neuen Arbeitgeber weiter laufen lassen. Wenn man arbeitslos ist, kann man ihn privat weiterführen oder beitragsfrei ruhen lassen.

Wenn ich als Angestellter in einem Agrarbetrieb in die betriebliche Altersvorsorge einsteigen will: Wer kann mich dort beraten?

Der erste Weg führt immer zu demjenigen, der die Lohnabrechnung macht. Wenn derjenige nicht weiterhelfen kann, wendet man sich an jemanden, der sich mit der betrieblichen Altersvorsorge auskennt. Dieser wiederum sollte mit der landwirtschaftlichen Struktur, den Arbeitsweisen dieser Branche, usw. vertraut sein. Denn es gibt spezielle Bedürfnisse und Anforderungen, zum Beispiel weil Mitarbeiter im Winter entlassen werden. Die Arbeit ist sehr hart, die wenigsten wollen oder können bis zum normalen Renteneintrittsalter von 67 arbeiten. Das muss in dem Vertrag berücksichtigt werden.

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