Energiewende-Umlage: Jetzt müssen die Landwirte ran
Die Energieversorgung Deutschlands scheinen die großen Konzerne in der Hand zu haben – mehr als gewinnorientiert und undurchsichtig. Ein Ausweg ist die Energieselbstversorgung, die sich gerade für Landwirte anbietet. Einzelne Konzepte sind ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wenn man als regionale Gemeinschaft zusammenhält, kann die eigene Stromproduktion langfristig funktionieren.
Das brandenburgische Dorf Feldheim, das zur Gemeinde Treuenbrietzen gehört, scheint es geschafft zu haben, sich nachhaltig von den Konzernmächten zu befreien. Die etwa 100 Kilometer südwestlich von Berlin gelegene Gemeinde sieht sich aber nicht als Vorzeige-Ökodorf. „Die Bürger haben schon nach der wirtschaftlichen Komponente gefragt.“ erinnert sich Bürgermeister Michael Knape gegenüber der Huffington Post Deutschland. Und diese scheint zu stimmen. Das eigene Stromnetz kostet 16,6 Cent, im Gegensatz zu marktüblichen Preisen bis zu 24 Cent. Die 46 Häuser werden mit Strom und Wärme von Windmühlen, einem Solarpark und aus Biogas versorgt. „Das hat in Deutschland noch niemand gemacht“, so der parteilose Knape stolz. 2010 zählte Feldheim sogar zu den Gewinnern des vom Bundeslandwirtschaftministerium ins Leben gerufenen Wettbewerbs „Bioenergiedörfer“.
Konzernlobby im Staat
Feldheim ist nur ein Beispiel für das Modell „Selbstversorgung“. Vor allem das Genossenschaftsmodell boomt. Laut dem Kölner Klaus-Novy-Institut, das sich mit Nachhaltigkeitsforschung beschäftigt, gibt es in Deutschland momentan 888 Energie-Genossenschaften, Tendenz steigend. Vorallem bei der Finanzierung spielt der Zusammenschluss eine große Rolle.
Eine finanzielle Abschreckung könnte allerdings die geplante Energiewende-Abgabe sein, die im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) Betreiber von Stromerzeugungsanlagen aus erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erheblich belasten soll. Wenn es nach dem Staat geht, soll die Umlage sogar für Betreiber gelten, die Strom nur für den Eigenverbrauch produzieren.
Der Deutsche Bauernverband (DBV), der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) und der Deutsche Mieterbund (DMB) haben nun ein Positionspapier vorgestellt, mit dem sie gegen das Vorhaben der Regierung antreten. „Für erneuerbar und klimaschonend erzeugten Mieterstrom will der Staat künftig sogar 100 Prozent der Ökostromabgabe abkassieren“, so die Initiatoren in einer Pressemitteilung.
vzbv-Energieexperte Holger Krawinkel zeigt Unverständnis für die staatliche Vorgehensweise: „Eine Abgabe auf klimafreundlich erzeugten und direkt vor Ort verbrauchten Strom ist vollkommen widersinnig. Es kann nicht sein, dass Haushalte und Unternehmen dafür bestraft werden sollen, dass sie die Energiewende selbst in die Hand nehmen.“ Der Verbraucherverband hat berechnet, dass die Umlage auf den eigenverbrauchten Strom die Allgemeinheit lediglich um 55 Cent pro Haushalt und Jahr entlasten würde.
Große Teile der Industrie sollen hingegen weitgehend von den Kosten der Energiewende befreit werden, selbst wenn sie klimaschädlichen Kohlestrom verbrauchen. Dies werde die Energiewende ausbremsen und keinesfalls preiswerter machen, so die Verbände. Sie appellieren an Bundestag und Bundesrat, die geplante Energiewende-Abgabe für Direktversorger schnell wieder aus dem Gesetzesentwurf zu streichen.
Auch im Bundesrat formiert sich Widerstand gegen die Pläne der Bundesregierung, künftig eine solche Abgabe zu erheben. In der Länderkammer hatten sich bereits eine große Mehrheit der Umwelt-, Energie-, Wirtschafts- und Agrarminister dafür ausgesprochen, die Eigen- und Mieterversorgung mit einer deutlich geringeren EEG-Umlage zu belasten als von der Bundesregierung geplant.
Der stellvertretende DBV-Generalsekretär Udo Hemmerling sieht nicht ein, dass Landwirte auch noch bestraft werden, wenn sie nachhaltig denken. „Erneuerbare Energien waren in den letzten Jahren ein bedeutendes, neues Standbein für die Landwirtschaft. Viele Landwirte werden mit Biogas-, Solar- und Windstrom zu ,Energiewirten‘ und tragen so wesentlich zur dezentralen Energiewende in Deutschland bei.“, so der Bauernvertreter. „Es ist nicht einzusehen, warum diese engagierten Bauern bis zu dem Dreifachen der Abgabe zahlen sollen wie fossile Eigenverbraucher. Die Politik muss Verlässlichkeit bei Förderung und Ausbau von erneuerbaren Energien beweisen“, fordert Hemmerling.
Inzwischen liegen sogar verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Umlage vor. Das ergab ein Rechtsgutachten, das der vzbv zusammen mit dem Bundesverband Solarwirtschaft jüngst veröffentlichte.