Elektronische Ohrmarken: Pflicht und Kür
Elektronische Ohrmarken samt Lesegerät oder herkömmliche Kennzeichnung, vor dieser Frage stehen seit einigen Jahren landwirtschaftliche Betriebe. Für Schafe und Ziegen ist die elektronische Version inzwischen EU-weit Pflicht. Dabei geht es um Seucheneindämmung. Die elektronische Beobachtung ist hier aber, gerade bei Wanderschäfern, sehr umstritten.
Bei Rindern und Schweinen ist alles bislang freiwillig, aus Sicht vieler Landwirte allerdings nicht ganz, denn durch die ständig verschärften Anforderungen an die Dokumentation sind vor allem große Betriebe gezwungen, auf elektronische Ohrmarken umzustellen. So kann schnell aus der Kür Pflicht werden.
Was bringts?
Die elektronischen Ohrenmarken unterscheiden sich optisch nicht von herkömmlichen Marken. Der Unterschied liegt im Innenleben. In einem 24-stelligen Code sind Herkunft, Haltungssystem und andere Informationen gespeichert.
Experten sehen neben dem wegfallenden Papierkram vorallem die Vereinfachung in der Kommunikation zwischen Züchtern, Landwirten und Schlachthöfen. Landwirte können auf diesem Weg leichter Rückmeldungen über Fleisch- und Speckmaß sowie Tageszunahme an die Zuchtbetriebe geben, welche die Daten dann den Muttertieren zuordnen können. Der Landwirt kann so besser selektierte Tiere bekommen. Für Schlachthöfe liegt der Vorteil darin, die Herkunft dem Handel und in weiterer Folge den Verbrauchern gegenüber besser argumentieren zu können – sozusagen das gläserne Tier 2.0.
In Österreich testen Schweinezüchter seit gut einem Jahr die Praktikabilität und Effizienz der elektronischen Methode, die Tiere zu kennzeichnen. Notwendig ist eine WLAN-Verbindung in den Stall. „Mit einer App bin ich online mit dem Sauenplaner am PC verbunden, wenn ich vor der Waage die Sauen selektiere“, so Züchter Josef Lendl gegenüber dem Nachrichtenportal der Landwirtschaftskammer Österreich. Lendl hebt dabei vor allem die Vereinfachung der Selektionsarbeit bei seinen immerhin 90 Zuchtsauen hervor. Die Daten jeder Sau tippe er dabei in das Tablet ein, ohne einen Zettel in die Hand nehmen zu müssen. Wenn im Stall keine drahtlose Verbindung vorhanden ist, können die Daten auch nachträglich per Kabel vom Lesegerät auf den PC übertragen werden.
Die elektronischen Ohrmarken können auch bei Jungsauen eingesetzt werden. Die Tätowierungen würden somit wegfallen, da die Identifikation ebenfalls auf dem Chip gespeichert werden kann.
Die freiwillige Verwendung elektronischer Ohrmarken wird von der EU „präferiert“. Wann aus der „gewünschten Freiwilligkeit“ Pflicht wird, ist wohl nur eine Frage der Zeit.