Die staatlich geprüfte Nutzpflanze
Kein Landwirt lässt sich gern von einer Behörde sagen, wie er seine Arbeit zu machen hat. Doch einige von ihnen können sogar nur ernten, wenn der Staat grünes Licht gibt: Die Anbauer von Nutzhanf. Die besetzen in Deutschland eine streng überwachte Nische.
Seit 1999 darf in Deutschland wieder Nutzhanf angebaut werden. Dank Fördermitteln der EU mit hohen Flächenprämien ausgestattet, entstand ein Hanfboom. Doch wer die uralte, flexibel einsetzbare Pflanze anbauen will, muss sich gewissen Auflagen beugen, denn die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung wacht über den Hanfanbau in Deutschland.
Auch Norbert Schmees vom Beratungsring Aschendorf/Hasselbrock im Emsland kennt das Prozedere. Er ist Ackerbauberater, berät die Hanfbauern im Landkreis und vertritt sie gegenüber dem Abnehmer ihrer Produkte, der niederländischen Firma HempFlax. Die Landwirte müssen den Anbau des Hanfs nicht nur anmelden, berichtet er, sondern auch der Erntezeitpunkt ist vorgeschrieben: „Die BLE kommt vorbei und schaut nach. Wenn der Blühbeginn der Pflanzen da ist, darf geerntet werden. Bei einer späteren Ernte könnte der THC-Gehalt höher als erlaubt ansteigen.“ Und der unterscheidet den Nutzhanf von jenem, der den Rausch erzeugt. Mitunter müssen die Pflanzen nach einem Besuch der Behörde noch stehenbleiben, denn die Samenbildung und das Wachstum müssen vor der Ernte abgeschlossen sein Auch die Art der angebauten Sorten – im Emsland sind es zum Beispiel Futura und Epsilon – werden regelmäßig geprüft.
Die Hanf anbauenden Landwirte profitieren von der Pflegeleichtigkeit der Pflanze: „Bei Hanf ist keine Schädlingsbekämpfung nötig, es gibt keine Krankheiten. Gedüngt werden kann mineralisch und organisch. Zudem kommt der recht anspruchslose Hanf gut mit unseren Sandböden hier klar und braucht nicht mehr Niederschlag, als andere Früchte auch,“ erläutert Schmee die Vorteile.
Dabei ist Hanf nur eine von vielen Pflanzen der an den Beratungsring angeschlossenen Landwirte von Aschendorf/Hasselbrock. Etwa zehn Prozent des Gesamtvolumens machen die 300 Hektar Hanf aus, der in Deutschland nur eine Nische darstellt. Die Gründe sind wirtschaftlicher Natur und schnell umrissen: „Die Verarbeitungsbetriebe müssen da sein. Die Landwirte beliefern zum Beispiel die Automobilindustrie und die Hersteller von Dämmstoffen mit den Hanffasern. Unser Partner HempFlax sucht sich seine Partner selbst und schätzt den Bedarf bei der Hanfproduktion selbst ein,“ erklärt Schmees. Ohne die – natürlich von der BLE zugelassenen – Partnerunternehmen lohnt sich der Anbau nicht, denn der Transport des Hanfs über weite Strecken ist nicht lukrativ, wie Schmees ergänzt.
Hanf soll im Emsland auf den Feldern stehen, solange es wirtschaftlich ist, sagt Schmees. Vergleichbar sei der Ertrag mit dem von Getreide. Dazu kommt: Auch der Fruchtfolge tut die Pflanze gut. Ein Exot bleibt sie dennoch, was sich in einer weiteren Besonderheit äußert: Wird eine neue Anbaufläche mit Hanf bestückt, wird davon auch die Polizei informiert. Vor allem Touristen aber auch mal ein besorgter Bürger riefen schon mal die Kollegen in Grün wegen einer vermuteten, illegalen Hanfplantage an, berichtet Schmees.