Medien & Marketing

„Bauernschinken“: Macht die Fleischindustrie das Ansehen der Landwirte kaputt?

Immer wieder tauchen in den Medien Horrorgeschichten aus Deutschlands Schlachthöfen und weiterverarbeitenden Betrieben auf. Momentan ist wieder so eine mediale „Aufdeckungswelle“ am Start. Mangelnde Hygiene, unmenschliche Arbeitsbedingungen, Dumpinglöhne, ja sogar von Sklaverei ist die Rede. Auch wegen Beschäftigung von ganzen Schwarzarbeiter-Kolonnen wird in einigen Betrieben ermittelt. An der Aufdeckung der Verhältnisse war unter anderem der Norddeutsche Rundfunk (NDR) mit der Sendung „Lohnsklaven in Deutschland – miese Jobs für billiges Fleisch”, die am Montag ausgestrahlt wurde, beteiligt.

Die Behörden bestätigten inzwischen Razzien in mehreren Schlachthöfen und Zerlegebetrieben. „Es wird gegen 22 Beschuldigte und ein Firmengeflecht von rund zwei Dutzend Unternehmen ermittelt“, so Ralf Möller von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Durchsuchungen gab es in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Bremen, Hessen, Schleswig-Holstein, Berlin und Thüringen. Die Orte werden aus ermittlungstaktischen Gründen nicht genannt.

Die verarbeitenden Betriebe schlagen sich von allen Seiten Preisspannen heraus, die allerdings nicht auf die Konsumenten übertragen werden. Im Gegenteil, die Verbraucher finden im Supermarktregal Waren „aus Bauernhand“ als Marken angeboten. Landwirte werden allerdings im Preis gedrückt, die meist osteuropäischen Arbeiter bekommen einen Hungerlohn und arbeiten unter skandalösen Bedingungen und obendrein kassieren die Unternehmen noch Förderungen in Millionenhöhe. Letzteres hat Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne), der seit Februar im Amt ist, bereits auf der Liste. Er will den großen verarbeitenden Betrieben die Subventionen komplett streichen und diese direkt den Landwirten zufließen lassen. Mehr kommt von agrarpolitischer Seite nicht. Das Bundeslandwirtschaftsministerium war auf Anfrage von gruuna.com zu keiner Stellungnahme bereit.

Auch Hygiene im Fokus
Auch Hygienevorschriften werden, wohl auch aus Kostengründen, von vielen Betrieben ignoriert. Das Kunstwort „Gammelfleisch“ zieht sich seit Jahren wie ein roter Faden durch die Medienlandschaft. Selbst das Markenunternehmen Wiesenhof musste 2012 den Schlachthof in Möckern (Sachsen-Anhalt) schließen, durfte ihn aber alsbald wieder öffnen. Der jüngste Fokus der Behörden richtet sich seit Anfang Juni auf einen Schlachtbetrieb in Coburg (Bayern), welcher trotz der schwammigen Feststellung der Kontrolleure „Fleisch für menschlichen Verzehr nicht geeignet“, dieses weiter verhökert. Um alle miesen Verhaltensweisen der verarbeitenden Betriebe hier anzuprangern, würde der Platz nicht reichen.

Landwirte müssen jeden Arbeitsschritt und jeden Millimeter Stall rechtfertigen und offenlegen, die Fleischmultis machen kaputt, was Deutschlands Bauern liebevoll und mit viel Verantwortungsbewusstsein aufgezogen haben.

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