Bauer Willi.
Von Michi Jo Standl
Liebe Leser, Sie wundern sich vielleicht über den reduzierten Titel. Aus journalistischer Sicht ist die Headline „Bauer Willi.“ natürlich kein kreatives Highlight – jedoch ehrlich statt ausgeschmückt. So wie der Landwirt Willi eben ist, gerade heraus. Mit seinem „Lieber Verbraucher“-Text im Internet hat der Rheinländer eine Welle von Staunen, Begeisterung und Anerkennung losgetreten. Und das alles ohne Pressesprecher und PR-Agentur. Bei Verbrauchern und Medien hat die ungeplante Kampagne etwas Verwirrung gestiftet. Ups, da hat jemand gebellt, ohne auf die Etikette „Medien gegen Landwirtschaft – Verbraucher ohne eigene Meinung – Landwirtschaft ratlos – Agrarpolitiker und Verbände im Diplomatiewahn“ zu achten.
In seinem ersten Artikel im Internetportal fragdenlandwirt.de hatte Willi den Verbrauchern knallhart vorgerechnet, was ein Landwirt so verdient. „Heute habe ich dermaßen die Schnauze voll. Habe heute Morgen die Abrechnung meines Nachbarn von Pommes-Kartoffeln außerhalb des Vertrages gesehen: 1 LKW = 25 t = 250 €. Für die, die nicht rechnen können: das ist 1 Cent pro Kilogramm! Und was 1 Kilo Tiefkühl-Pommes kostet, wisst ihr ja …“, ist in der Einleitung des Artikels zu lesen. Auch an das Verständnis für Regionalität und Qualität hatte er appelliert. Die Reaktionen waren überwältigend und so von Willi, der kein Kommunikationsfachmann ist, sicher nicht geplant. Von Regionalzeitungen und -internetportalen bis zu den Onlineausgaben der großen Magazine, alle zitierten Willi. stern.de etwa titelte „So scheinheilig kaufen wir ein“. Oh, plötzlich nicht mehr die „bösen Landwirte“?
Hat die Ehrlichkeit des Willi der Nation einen Ruck in Richtung Vernunft verpasst? Seine Milchmädchenrechnung versteht man offenbar. Vielleicht sollten sich Agrarpolitiker und Vertreter von Verbänden ein Beispiel nehmen, vielleicht ist den Medien und den Verbrauchern „agrarchinesisch“ einfach zu kompliziert, um Verständnis für die Situation der Landwirte aufzubringen.
In seinem zweiten Artikel ruderte Willi etwas zurück und entschuldigte sich fast für den ersten. „Da bin ich mit meinem Brief ,Lieber Verbraucher’ vielleicht doch etwas über das Ziel hinausgeschossen.“, schrieb er. Nein, lieber Willi, bist du nicht. Die Verbraucher werden offenbar lieber direkt angesprochen, als mit agrarpolitschen Statements und wissenschaftlichen Auswertungen überhäuft.
Im Verbraucherdialog tut sich was. Der erste Schritt war die Gründung der Plattform fragdenlandwirt.de durch einige engagierte Landwirte – der zweite, eher zufällige, die Standpauke von Bauer Willi. Wenn man es jetzt noch schafft, in der Kommunikation Agrarpolitik und die Sorgen der Landwirte in einen Kanal zu leiten, dann ist die deutsche Landwirtschaft auf dem richtigen Weg. So geht Kommunikation.