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Agrar-Startupper: „Die Auflagen erfüllen nicht die Ziele, die Naturschützer im ersten Ansatz haben“

Im März haben junge Unternehmen aus der Agrartech-Branche innerhalb des Bundesverbandes Deutscher Startups die Fachgruppe AGTech gegründet. Ihr Ziel: Den Zielkonflikt zwischen Versorgungssicherheit und Ökologie aufzulösen. Die Portfolios der Startups geht von Vertical Farming über Bodenmonitoring bis hin zu neuen Strukturen in Marktnetzwerken. Wir haben mit dem Vorsitzenden der Fachgruppe Benedikt Bösel, studierter Agrarwissenschaftler und Investment Advisor bei Bioenterprise Capital Ventures, über die Ziele und die Herausforderungen der Agrarbranche gesprochen.

Welche Ziele verfolgt die Fachgruppe AGTech?

Mein Anliegen und das der teilnehmenden Unternehmen ist, in Deutschland ein Ökosystem aufzubauen. Ziel ist es, die jungen Unternehmen der AGTech-Branche zu bündeln und gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit geschlossen aufzutreten und auch mit Vertretern der Landwirtschaft zu kommunizieren.

Wie wollen Sie es schaffen, effiziente Landwirtschaft und Nachhaltigkeit unter einen Hut zu bringen?

Das kann nur mit einem Ökosystem aus den verschiedensten Richtungen aufgebaut werden. Es muss die Politik dabei sein, genauso wie große Strategen und eben Startups aus der Agrartechnik-Branche. Aber ganz wichtig: Die Verbraucher müssen unbedingt miteinbezogen werden, wenn man diese ganzen Themen zu einem positiven Ende bringen möchte.

Was können Verbraucher zu einem funktionierenden Ökosystem beitragen?

Überspitzt formuliert ist jeder Verbraucher ein Tierschützer und schimpft über die sogenannte Massentierhaltung, geht aber dann zum Discounter und kauft ein Hähnchen zum Schnäppchenpreis. Für das Ökosystem, das wir uns zum Ziel gesetzt haben, muss ein Umdenken stattfinden. Wenn ein Verbraucher bereit ist, für gute Lebensmittel mehr zu bezahlen, kann sich der Landwirt gute Technologien leisten, auf das Tierwohl achten und auf Dinge Rücksicht nehmen, die uns allen in der Diskussion wichtig sind. Vielen fehlt inzwischen der Zugang zur Natur. Die Menschen müssen von Convenience Food wieder hin zu Slowfood finden, die Nahrungsmittel schätzen und sich beim Essen zeitlassen.

Passen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit überhaupt zusammen?

Ja das geht. Jeder Landwirt versucht, so nachhaltig wie möglich zu wirtschaften. Das Wort „Nachhaltigkeit“ wird sehr inflationär benutzt, da hat jeder seine eigene Aufassung. Die Herausforderung ist, die eigenen Bedürfnisse zufriedenzustellen und gleichzeitig die der nachfolgenden Generationen. Jeder Landwirt muss ja ohnehin nachhaltig arbeiten, um effizient zu wirtschaften. Ein krankes Tier im Stall zum Beispiel bringt gar nichts. Wenn man das auf das Thema Innovation überträgt, leiten sich die Innovationsfelder automatisch ab. Agrarmanagement, Tiergesundheit, neue biobasierte Stoffe, Pflanzenschutz, Saatguttechnik sowie nicht zuletzt aber ganz entscheidend Abfallwirtschaft und Wasseraufbereitung. Und damit beschäftigen wir uns.

Was kann die Politik tun?

Es ist wichtig, dass man nicht nur über nationale Themen nachdenkt, sondern auf EU-Basis arbeitet. Die Vorschriften sind in den einzelnen Mitgliedsstaaten einfach zu unterschiedlich. Gerade die Landwirte in Deutschland leiden unter den strengen Vorschriften. Das nächste Problem ist, dass Politik vielfach von Städtern gemacht wird, die teilweise von der Praxis sehr weit entfernt sind. Das sieht man, wenn man verschiedene Naturschutzdebatten verfolgt. Da werden von Naturschützern Auflagen vorgesehen, die am Ende nichts mit der Praxis zu tun haben. Die Erfüllen nicht die Ziele, welche die Naturschützer in ihrem ersten Ansatz hatten. Zwischen der Politik und der praktischen Landwirtschaft ist eine gewisse Distanz entstanden. Eines unserer Ziele ist deshalb Aufklärung auch der Politik. Diese muss näher an die Landwirtschaft heranrücken.

Wie nehmen Sie praktisch die Landwirte mit auf die Reise in die Zukunft?

Es gibt nicht die eine Lösung, die für alle gilt. So unterschiedlich, wie die regionalen Anforderungen sind, müssen auch die Lösungen sein. Die Konzepte müssen aber EU-weit gebündelt entstehen. Wir entwickeln verschiedene technische Lösungen, die sowohl Groß- als auch für Familienbetrieben ermöglicht, die gesteckten Ziele zu erreichen.

Wo kann man sich hinwenden, wenn man sich für das Thema interessiert?

Gerne an mich unter der E-Mail-Adresse bboesel@bioenterprisecapital.com.

Interview: Michi Jo Standl

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